das portrait: Der Brite Mike Manley übernimmt die Konzernspitze bei Fiat Chrysler
Mike Manley? Bis vor wenigen Tagen wusste abgesehen von Autoexperten wohl niemand in Italien etwas mit diesem Namen anzufangen, hätte ihn niemand auf der Straße erkannt, egal ob in Rom, Mailand oder Turin. Doch dann berief der Verwaltungsrat von Fiat Chrysler Automobiles (FCA) Manley am Samstag zum neuen Chef des Konzerns – und damit zum Herrn auch über jene Firma, die wie keine andere den italienischen Kapitalismus repräsentiert.
Manley, bisher Markenchef der Chrysler-Tochter Jeep, muss jetzt ganz oben ran: Der Italo-Kanadier Sergio Marchionne, seit 2004 Boss von Fiat, ringt in der Universitätsklinik Zürich mit dem Tod. Sein Zustand – so heißt es – sei „irreversibel“.
2009 war der 54-jährige Manley genau in jenem Jahr zum Jeep-Markenchef geworden, in dem Marchionne Fiat in den damals am Rand des Bankrotts stehenden Chrysler-Konzern eingestiegen war. FCA – und damit auch Fiat – wird damit künftig von einem Manager geführt, der seine gesamte Laufbahn im Hause Chrysler zurückgelegt hat, ohne je eine Station in Italien zu absolvieren.
Im Jahr 2000, noch zu Zeiten von Daimler-Chrysler, begann Manley als Chef des Vertriebsnetzes in Großbritannien, wurde dann Verantwortlicher des Asiengeschäfts, 2009 übernahm er die Konzernmarke Jeep. Damals wurden unter diesem Label jährlich 300.000 Fahrzeuge verkauft. Unter dem Briten Manley wurden 2017 mehr als 1,4 Millionen Jeeps abgesetzt, für 2019 ist die 2-Millionen-Marke angepeilt.
An dieser Erfolgsgeschichte habe Manley einen entscheidenden Anteil, sagen Kenner des Konzerns. Er, der erst Ingenieurwissenschaften und dann Business Administration studierte, habe einen ebenso sicheren Blick für die Technik der Fahrzeuge wie für die Zahlen des Unternehmens. Der enorme Geschäftserfolg der Jeeps trug dazu bei, die FCA-Gewinne deutlich zu steigern – mittlerweile ist der Konzern schuldenfrei.
Ein Konzern allerdings, der nur noch von fern an das italienische Traditionsunternehmen Fiat erinnert. Marchionne fusionierte Fiat im Jahr 2014 mit Chrysler, verlegte den Firmensitz von Turin nach London und Amsterdam, und Geld macht der Konzern vorneweg mit Jeep.
Die Mehrheitseigner des Agnelli-Clans redeten Marchionne nicht groß rein; schließlich hatte er ihr Unternehmen vor dem Niedergang gerettet. Dass mit Manley jetzt ein Manager mit globaler, nicht italienischer Karriere an die Spitze des globalisierten Konzerns rückt, ist nur folgerichtig.
Entscheidungsfreudig und ehrgeizig sei Manley, heißt es. Er präsentiert sich lässig, mit leicht struppigen Haaren und saloppem Outfit. Einfach wird sein neuer Job nicht: FCA ist mit 4,7 Millionen weltweit abgesetzten Fahrzeugen einer der Kleinen unter den Großen und hinkt bei der Elektromobilität der Konkurrenz hinterher. Die Börse jedenfalls gewährte Manley keinen Vorschuss: Am Montag büßte die FCA-Aktie bis zu 5 Prozent ein. Michael Braun, Rom
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