: Angriffe und Fassbomben auf Daraa
In der syrischen Stadt Daraa scheitern Verhandlungen zwischen Rebellen und Russland
Von Beate Seel
Die Atempause währte nur kurz. Nach vier Tagen relativer Ruhe scheiterten am Mittwoch Verhandlungen zwischen syrischen Rebellen in der Provinz Daraa im Südwesten des Landes und russischen Militärs. Umgehend nahmen die syrische und russische Luftwaffe ihre Luftangriffe wieder auf. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte zählte in der Nacht auf Donnerstag mehr als 600 Angriffe mit Bomben und Fassbomben.
Bei den abgebrochenen Verhandlungen hatten die Rebellen Medienberichten zufolge vorgeschlagen, dass sie die Kontrolle über die Region behalten, aber ihre schweren Waffen schrittweise abgeben. Sie warfen Russland vor, ihre Kapitulation erzwingen zu wollen. Russland habe darauf bestanden, dass die Rebellen alle ihre schweren Waffen sofort abgeben.
Daraa kommt ein hoher symbolischer Wert zu: Hier fanden im Frühjahr 2011 die ersten Proteste in Syrien gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad statt. Heute ist die Provinz neben Idlib im Nordwesten die einzige, die teilweise noch von Aufständischen kontrolliert wird.
Allerdings können sich die Rebellen aus Daraa nicht unbedingt auf die Solidarität derer in Idlib verlassen. Ganz im Gegenteil wird den Rebellen im Süden nun zum Teil vorgehalten, dass sie den Aufstand begonnen haben und damit letztlich „Schuld“ an dem Bürgerkrieg seien.
Luftangriffe auf Daraa haben nach Angaben der UNO inzwischen 320.000 Bewohner in die Flucht getrieben, die jetzt in der Provinz herumirren und häufig die Nacht unter freiem Himmel verbringen müssen. Unter den Geflohenen befinden sich viele Kinder, Frauen, Ältere, Kranke und Verwundete. 60.000 von ihnen seien an der geschlossenen Grenze zu Jordanien gestrandet, erklärte der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, am Donnerstag in Genf.
Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR nähert sich allerdings die syrische Armee immer weiter dem Gebiet, in dem sich die Flüchtlinge aufhalten. Am Donnerstag habe sie die Ortschaft Saida, rund zehn Kilometer östlich von Daraa eingenommen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Sanaa berichtete. Nach Angaben von Aktivisten starben bei der Offensive auf Saida mindestens sechs Menschen. Darunter waren auch vier Kinder.
Grandi appellierte an Jordanien, besonders bedürftige Flüchtlinge aufzunehmen. Das finanziell angeschlagene Königreich beherbergt bereits knapp 670.000 Flüchtlinge aus Syrien.
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