Chinesischer Dissident: Qin Yongmin muss 13 Jahre in Haft
Trotz der Freilassung Liu Xias hat die chinesische Dissidentenszene nicht viel zu feiern. Jetzt geht die Führung gegen einen anderen Kritiker vor.
Liu Xia, die Witwe des verstorbenen chinesischen Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo, ist frei. Sie ist am späten Dienstagabend in Berlin-Tegel von ihren Freunden empfangen worden. Doch viel zu feiern gibt es für die chinesische Dissidentenszene nicht: Nun geht die chinesische Führung gegen einen weiteren renommierten Aktivisten und seine Frau vor.
Ein Volksgericht in der ostchinesischen Stadt Wuhan hat am Mittwoch den Bürgerrechtler Qin Yongmin zu 13 Jahren Haft verurteilt. Die Richter sehen es als erwiesen an, dass Qin die Staatsgewalt „untergraben“ habe. Wegen seiner Aktivitäten hat er bereits mehrere Haftstrafen von insgesamt 22 Jahren absitzen müssen. Die Anklage warf ihm jetzt vor, die Demokratische Partei mitgegründet, Geld aus dem Ausland angenommen und andere Bürgerrechtler finanziell unterstützt zu haben. Zum Vorwurf wurde ihm auch gemacht, dass er den Schutz der Menschenrechte nach den UN-Konventionen gefordert hatte.
Der 64-Jährige gehört zu den Demokratie-Aktivisten der ersten Stunde. Seit den späten 1970er Jahren engagiert er sich für mehr Freiheit und Mitbestimmung sowie die Einhaltung der Menschenrechte in China. Er war 1980 Mitbegründer der Demokratischen Partei. Zwei Jahre später wurde er bereits wegen „konterrevolutionärer Propaganda und Umtriebe“ das erste Mal zu einer Haftstrafe verurteilt. Acht Jahre saß er im Gefängnis, bis er ausgerechnet in dem Jahr freikam, als auf dem Platz des Himmlischen Friedens Hunderttausende für mehr Demokratie demonstrierten. Diese Proteste schlug die chinesische Führung am 4. Juni 1989 blutig nieder.
Unverkennbare Parallelen
1993 wurde Qin erneut festgenommen und ins Arbeitslager geschickt, als er am Start einer Friedenscharta-Bewegung beteiligt war. Es folgte eine weitere Haftstrafe von zwölf Jahren. Nach seiner Haftentlassung 2010 gründete er die Gruppe China Human Rights Watch. Er stand daraufhin unter strenger Beobachtung.
Die Parallelen zu Liu Xiaobo und seiner Frau Liu Xia sind unverkennbar. Wie der Friedensnobelpreisträger gehört auch Qin zu den Gründern der chinesischen Demokratiebewegung. Seit 2015 ist er in Untersuchungshaft. Wie Liu, der vor einem Jahr in Haft an Leberkrebs verstarb, ist auch Qin gesundheitlich in schlechtem Zustand. Angehörige berichten, er sei bei einigen der Verhandlungen kaum bei Bewusstsein gewesen. Und wie im Fall von Liu Xia, wurde bei Qins Festnahme auch seine Frau Zhao Sile unter Hausarrest gestellt. Dieser hält bis heute an.
Das Hafturteil gegen Qin mache klar, dass auch die gute Nachricht über die Freilassung von Liu Xia nicht darüber hinwegtäuschen könne, dass China an seinem scharfen Vorgehen gegen Menschenrechtsaktivisten festhalte, heißt es in einer Erklärung der Organisation Chinese Human Rights Defenders, deren Vorsitz Qin bis zu seiner erneuten Verhaftung innehatte. Er werde allein dafür bestraft, dass er in seinem Einsatz für Demokratie in China sein Recht auf Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit wahrgenommen habe.
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