Wenn der Senegal trifft, passiert etwas im Gesicht von Aliou Cissé, dem Trainer der Nationalmannschaft des westafrikanischen Landes. Es ist nicht einfache Freude zu sehen, da ist mehr: ein Lächeln, das er noch halbherzig zu unterdrücken versucht, das aber trotzdem da ist. Etwas, das ein bisschen aussieht wie Genugtuung.
Cissé wusste, dass diese Tore fallen, er hatte sie genau so geplant. Und seine Mannschaft setzt um, was er plant. Cissé sei der „Big Boss“, sagte Stürmerstar Sadio Mané vor der Partie gegen Japan. „Er macht eine tolle Arbeit. Wir arbeiten als Team – das ist sehr wichtig. Wir hören auf ihn, weil seine Pläne immer aufgehen.“
Auch im Spiel des Senegal gegen Polen sieht es aus wie ein Konzept, als Cissé in der 61. Minute am Spielfeldrand auf Stürmer M'Baye Niang einredet, der Stift in seiner Hand im gleichen Grün wie das senegalesische Trikot. Dann spielt der Pole Grzegorz Krychowiak einen langen Pass zurück in die eigene Hälfte, Niang, soeben wieder von Schiedsrichter Nawaf Abdulla Shukralla aufs Feld gelassen, holt sich den Ball, überspielt den weit vor dem Tor befindlichen Wojciech Szczesny und schiebt den Ball mühelos ins Tor. Cissé jubelt so, als sei das Tor, so, wie es angebahnt und erzielt wurde, im Talk mit seinem Spitzenspieler entwickelt worden.
Das Gespräch mit Niang an der Seitenlinie als Manöver? Wer weiß. Allerdings ist das überhaupt etwas, das Cissé gerne und häufig tut: Spieler zu sich rufen, obwohl gar keine Trinkpause anberaumt wurde, sie dann nicht einfach nur ansehen oder gar an ihnen vorbei aufs Spielfeld blicken, während er sie taktisch ausrichtet.
Nein, er bückt sich, sucht den Augenkontakt, und wenn er ihn gefunden hat, redet und redet er, so eindringlich, als wolle er in sie Löcher bohren. Verlangt dann, dass sie bestätigen, dass sie gehört und verstanden haben, was er von ihnen will. „Okay?“ fragt er, auch mehrmals, bis von seinem Spieler mindestens ein Nicken kommt.
Senegal präsentiert ganz Afrika
WM 2018: Und raus bist du!
Kroatien ist bei dieser WM genau genommen nicht ausgeschieden. Das Finale haben sie trotzdem mit 2:4 gegen Frankreich verloren. Und Mandzukic (Foto) geht als erster Eigentorschütze in die WM-Geschichte ein.
dpa
Belgien verliert das Halbfinale mit 1:0 gegen Frankreich. Im Spiel um den dritten Platz können die Belgier jedoch punkten: sie gewinnen 1:0 und erklimmen damit das WM-Treppchen. Ein historischer Erfolg.
AP
Ein zerplatzer Traum: Die letzte WM-Finalteilnahme der Engländer war im Jahr 1966 im eigenen Land. Auch dieses Mal hat's nicht gereicht; die Mannschaft verliert im Halbfinale 2:1 gegen Kroatien. Auch im Spiel um den dritten Platz müssen sie sich geschlagen geben: Belgien gewinnt 1:0.
AP
Igor Akinfeew, im Achtelfinale gegen Spanien noch Elfmeterkiller, muss diesmal zu oft hinter sich schauen. Dennoch: Das in der Fifa-Rangliste schwächste Team hat sich hervorragend geschlagen, Zeiter in der Gruppe A, Spanien rausgeworfen, gegen Kroatien im Viertelfinale gut mitgehalten. Tolles Heimturnier.
Reuters
Weit gekommen, gut verteidigt, Deutschland und die Schweiz rausgeschmissen: Schweden scheitert erst im Viertelfinale mit 0:2 gegen England.
dpa
Brasilien war stark. Aber Belgien war stärker. Das Aus für Neymar und Co kam im Viertelfinale nach einem 1:2.
dpa
Uruguays Torwart Muslera patzt: Frankreich gewinnt das erste Viertelfinale mit 2:0, die Urus (ohne den verletzten Cavani) sind raus. Dennoch: Starker WM-Auftritt von Uruguay. Souverän in Gruppe A gewonnen und ein gutes Achtelfinale gegen Portugal abgeliefert.
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Achtelfinale. England gewinnt gegen Kolumbien. England gewinnt gegen Kolumbien im Elfmeterschießen. Kein Witz. Kolumbien fährt heim.
Die Schweizer können ihrer Favoritenrolle nicht gerecht werden. Emil Forsberg erzielt für Schweden in der 65. Minute den einzigen Treffer des müden Achtelfinales. Michael Lang (Schweiz, Foto) schleicht vom Platz.
dpa
Japan schockt im Achtelfinale die favorisierten Belgier mit einem Doppelschlag nach der Pause: erst Haraguchi, dann Inui (Foto). Doch Belgien kommt zurück und schafft mit einem Tor in der Nachspielzeit den Lucky Punch. Japan muss heimfahren.
Reuters
Torhüter Guillermo Ochoa kann dem Ball nur noch entgeistert hinterhergucken - das 2:0 durch den Brasilianer Willian besiegelt das Ausscheiden von Mexiko, das einigen bis dahin als Geheimfavorit gegolten hatte.
dpa
Kroatien setzt zum Jubel an, Dänemark versteift. Erst im Elfmeterschießen konnten sich die Kroaten durchsetzen und treffen im Viertelfinale auf Russland. Dänemark scheidet als starke Defensivmannschaft im Achtelfinale aus.
dpa
Russlands Torwart Akinfeew hält im Elfmeterschießen zwei Elfer, einen von Koke (im Bild). Die sehr defensiv spielenden Russen kommen ins Viertelfinale. Für Spanien, den Weltmeister von 2012, ist im Achtelfinale Schluss.
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Ein schönes, faires, sportliches Bild: Cristiano Ronaldo (Portugal, r.) führt den verletzten Edinson Cavani (Uruguay), der zuvor zweimal getroffen hatte, vom Feld. Wenn es ums Ergebnis geht, ist das Bild spiegelverkehrt. Uruguay ist mit weiter, Portugal scheidet im Achtelfinale nach einer 1:2-Niederlage aus.
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Argentiniens Torwart Franco Armani fliegt umsonst: Benjamin Pavard trifft zum 2:2. Frankreich gewinnt das erste Achtelfinale der WM mit 4:3 und zieht ins Viertelfinale ein. Argentinien ist raus!
dpa
Vorrundenaus: Senegal, 4 Punkte, 4:4 Tore, Gruppe H: einmal gewonnen, ein Unentschieden, einmal verloren. Punkt und torgleich mit Japan. Raus wegen Fairplay: Japan hatte am Ende zwei gelbe Karten weniger. Ganz bitterer Abschied für Senegal.
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Polen, 3 Punkte, 2:5 Tore, Gruppe H: Seit 12 Jahren hat Polen mal wieder an einer WM teilgenommen, die Erwartungen der Fans waren hoch. Aber Robert Lewandowski und seine Mitspieler lieferten nicht.
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Panama, 0 Punkte, 2:11 Tore, Gruppe G: Panama hatte bei seiner ersten WM nicht das größte Glück, mit Belgien und England als Gruppengegner. Aber: Die Mittelamerikaner haben ihr erstes WM-Tor geschossen – gegen England! Gegen Tunesien hätte es fast noch zu einem Punkt gereicht. Fast.
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Tunesien, 3 Punkte, 5:8 Tore, Gruppe G: Tunesien war neben Marokko das einzige Außenseiterteam, das versuchte, offensiv zu spielen. Auffällig war, dass die Tunesier am Anfang (Minuten 0 bis 10) und am Ende des Spiels (85. Minute bis Ende der Nachspielzeit) schwach waren. Nach einem knappen Sieg gegen Panama schieden sie aus.
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Deutschland, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe F: Schland unter, das war's. Der amtierende Weltmeister und Gruppenfavorit verliert gegen Mexiko und Südkorea und scheidet damit in der Vorrunde aus. Verdient.
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Südkorea, 3 Punkte, 3:3 Tore, Gruppe F: So sehen glückliche Verlierer aus. Trotz WM-Aus kann sich Südkorea über ein verdientes 2:0 gegen Deutschland freuen. Die Südkoreaner scheiden als Gruppendritter vor Deutschland aus dem Turnier aus.
dpa
Costa Rica, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe E: Im letzten Spiel sicherte man sich knapp noch einen Punkt. Geholfen hat es nicht: Das Team muss nach der Vorrunde nach Hause fahren.
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Serbien, 3 Punkte, 2:4 Tore, Gruppe E: Zuletzt traf Serbien 2014 in einem Freundschaftsspiel auf Brasilien – und gewann mit 1:0. Vier Jahre später verlieren die Serben 0:2. Damit sind sie raus aus dem Turnier.
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Island, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe D: Island ist das Team, dass irgendwie jeder mag. Die Isländer spielen körperbetont, aber nicht unfair und sie agieren als Team. Bei ihrer ersten WM-Teilnahme konnten sie zwar nicht in die K.o.-Phase vordringen, aber sie haben mit drei guten Partien gegen starke Teams eine gute Premiere hingelegt.
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Nigeria, 3 Punkte, 3:4 Tore, Gruppe D: Ach ja, Nigeria. Es ist in den letzten vier Weltmeisterschaften immer dasselbe: Man ist mit den Argentiniern in der Gruppe, um knapp an ihnen zu scheitern.
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Australien, 1 Punkt, 2:5 Tore, Gruppe C: Australien hat in dieser WM mal wieder überrascht. Aufgrund ihres Kaders, der größtenteils mit Spielern aus zweitklassigen Ligen besetzt ist, wurden die Australier mehr oder weniger abgeschrieben. In einer schweren Gruppe konnten sie aber mit jedem Gegner mithalten – fast.
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Peru, 3 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe C: Peru hat die leidenschaftlichsten Fans der WM – eine riesige WM-Euphorie. Im letzten Spiel zeigten die Peruaner dann, wie stark sie wirklich sind und besiegten Australien mit 2:0.
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Marokko, 1 Punkt, 2:4 Tore, Gruppe B: Marokko ist der Pechvogel der WM. Gegen Iran verlor man wegen eines Eigentores in der 95. Minute. Marokko hat außerdem, im Gegensatz zu vielen Underdogs, das ganze Turnier über versucht, offensiv zu spielen. Gegen Portugal und Spanien war das Team durchaus ebenbürtig.
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Iran, 4 Punkte, 2:2 Tore, Gruppe B: Der Iran hat bei der WM positiv überrascht. Besonders beeindrucked war, dass die Iraner sich von Spiel zu Spiel verbessert haben. Sie brachten sowohl Spanien als auch Portugal ins Schwitzen.
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Ägypten, 0 Punkte, 2:6 Tore, Gruppe A: Auch Ägypten stellte einen Rekord auf. Im Tor vertraute das Team auf den ältesten Spieler der WM-Geschichte, den 45-jährigen Torwart El-Hadary. Ansonsten bot Ägypten ohne Mohamad Salah im 1. Spiel gegen Uruguay offensiv nichts, Salahs zwei Tore in den anderen Spielen halfen auch nicht mehr.
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Saudi-Arabien, 3 Punkte, 2:7 Tore, Gruppe A: Saudi-Arabien hat einen speziellen Rekord aufgestellt. Mit 5:0 erlitten die Saudis eine der härtesten Eröffnungspleiten der WM-Geschichte. Trotzdem sind sie nicht so schlecht aufgetreten wie erwartet.
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Cissé, geboren am 24. März 1976, ist einer der senegalesischen Helden von 2002, als die Auswahl seines Landes bei ihrer ersten – und bis Juni 2018 letzten – WM-Teilnahme das Viertelfinale erreichte. Schon im ersten Spiel besiegten die „Lions de la Teranga“ die ehemalige Kolonialmacht und amtierenden Weltmeister Frankreich. Und jetzt, 16 Jahre später, ist Cissé wieder ein Held. Gegen Polen gewonnen, 2:1, gegen Japan ein großartiges 2:2. Cissé sagt: „Senegal repräsentiert ganz Afrika. Und ganz Afrika unterstützt uns. Wir sind stolz darauf.“
Am 28. Juni spielt sein Team im letzten Gruppenspiel gegen Kolumbien, mit guten Chancen, das Achtelfinale zu erreichen. Seine Bilanz als Nationaltrainer ist prima: 30 Länderspiele mit dem Senegal, 18 Siege, nur vier Niederlagen. Der 42-Jährige feiert diese Erfolge mit seinen Spielern, als wäre er nicht ihr Trainer, sondern immer noch ihr Kapitän. Doch Cissé war immer schon auch beides.
Im Jahr 2012 fungierte er als Interimscoach, bereits im Herbst 2002 aber, stand er zum ersten Mal bei den Westafrikanern an der Seitenlinie. Der Anlass damals, ein trauriger. Cissé leitete ein Benefizspiel für die Opfer und Angehörigen des Joola-Schiffsunglücks, bei dem 64 von 2.000 Passagieren überlebten. Nur drei Monate nach dem Glückstaumel bei der WM in Japan und Südkorea verlor Cissé mehrere Familienangehörige. Die Katastrophe löste im Senegal eine Staatskrise aus.
Im März 2015 übernahm Cissé den Job als Nationaltrainer vom Franzosen Alain Giresse, schied in der Afrikameisterschaft 2017 im Viertelfinale erst durch Elfmeterschießen aus, sprach da bereits von einer „Großen Generation“. Sagte, es gehe nicht nur um technisches Können, es gehe darum, das komplette Niveau des afrikanischen Fußballs zu verbessern. „Das ist unser Ziel.“
Cool, cooler, Cissé
Cissé ist kein in Europa längst aussortierter Trainer, der es sich mit einer afrikanischen Mannschaft noch einmal beweisen möchte. Er glaubt an ein ganzheitliches Projekt, sagt, es brauche afrikanische Trainer, um den afrikanischen Fußball nach oben zu bringen, und er ist selbst ein Teil davon. Jetzt in Russland ist das längst zu beobachten: Senegal spielt gelegentlich schönen, vor allem aber disziplinierten und effektiven Fußball. Cissé sagt, bei der WM kämpften 32 Mannschaften um den Titel. „Warum sollte es am Ende nicht der Senegal schaffen?“
Wenn seine Männer spielen, steht Cissé in der Coachingzone, fast 90 Minuten lang. Die Hände immer in den Taschen seiner Anzughose. Die Anweisungen, präzise, manchmal genügen zwei parallel zueinander postierte Zeigefinger, als wolle er den Abstand zwischen zwei Dingen messen. Wird er nervös, wie phasenweise im Spiel gegen Japan, werden die Gesten energischer. Meist aber sieht Cissé aus wie ein entspannter Gentleman, einer, der nicht darüber sinniert, wie er wirkt und deshalb so wirkt, wie viele nur wirken wollen.
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Den Anzug mit weißem Hemd und schmaler Krawatte, die große Uhr an dem einen, das Armband aus schwarzen Kügelchen am anderen Handgelenk, die Dreadlocks, die riesige Hornbrille – all das trägt er mit so viel Selbstverständlichkeit: ein cooler Mann. Er ist der jüngste Trainer und der einzige mit schwarzer Hautfarbe. „Diese Debatten stören mich“, sagt Cissé. „Fußball ist universell. Die Hautfarbe ist nicht wichtig.“
Nur eine Frage bringt Cissé während einer Pressekonferenz in Russland aus der Fassung. Wie er damit umgehe, dass er nun ein Sexsymbol sei. „Sexsymbol, ich?“ fragte Cissé, überrascht, aber auch erfreut. „Es ist schön, gemocht zu werden“, sagt er dann nur. Noch viel schöner aber wäre es, als einzige im Turnier verbliebene afrikanische Mannschaft mindestens so weit zu kommen wie 2002.
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