Schockbilder beim Zigarettenverkauf: Gruselfreie Kippen-Automaten
Rauchgegner wollten eine Entscheidung mit Signalwirkung, unterlagen aber vor Gericht: Nur Verpackungen müssen Warnhinweise und Schockbilder zeigen.
Tabakautomaten in Supermärkten müssen keine Schockbilder und Warnhinweise zeigen. Dies entschied jetzt das Landgericht München I und lehnte eine Klage des Verbands „Pro Rauchfrei“ ab.
Seit 2004 müssen Zigarettenhersteller auf die Verpackungen Warnhinweise drucken, etwa „Rauchen ist tödlich“. Seit Mai 2016 sind zusätzlich auch unterschiedliche Schockbilder obligatorisch, etwa das Foto einer Lungenoperation. Zusammen müssen Warnhinweise und Schockbilder den Großteil der Frontseite einer Verpackung bedecken.
Tabakhändler erhielten deshalb von den Herstellern „Produktkarten“ ohne derartige Warnhinweise, die sie im Regal vor die schlimm anzusehenden Zigarettenpackungen steckten. Nichtraucherverbände machten deshalb Druck, um diese Praxis zu verbieten. Tatsächlich änderte die Bundesregierung im Mai 2017 auf Druck des Bundesrats die Tabakerzeugnis-Verordnung: Während es bisher hieß, Warnhinweise dürfen zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens nicht verdeckt werden, wurde nun präzisiert, dass dieses Verdeckungsverbot schon beim „Anbieten zum Verkauf“ gelte.
Zigarettenautomaten in Supermärkten zeigen aber nach wie vor oft nur die bloße Markenbezeichnung – ohne Warnhinweise. Der Verband „Pro Rauchfrei“ sah auch darin ein unzulässiges „Verdecken“ der Warnhinweise und Schockbilder. Er erhob daher eine Verbandsklage gegen den Betreiber von zwei Münchener Supermärkten. Hiermit wollte er ein bundesweites Signal senden.
Das Signal ging nun aber nach hinten los. Denn das Landgericht München I lehnte die Klage in vollem Umfang ab. Das Tabakerzeugnis-Gesetz regele nur die Gestaltung von „Packungen und Außenverpackungen“, nicht die Verkaufsmodalitäten, zum Beispiel in Tabakautomaten. Soweit in der konkretisierenden Verordnung auch die Gestaltung von Automaten geregelt werden sollte, war dies nicht von der Ermächtigung im Gesetz gedeckt und daher „unwirksam“ und „nichtig“. Die Unterlassungsklage des Verbands konnte deshalb nicht auf die Änderung von 2017 gestützt werden.
Daneben berief sich „Pro Rauchfrei“ noch auf das Verbot irreführender Werbung im „Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb“ (UWG). Die Warnhinweise würden den Kunden „vorenthalten“ oder jedenfalls zu spät zur Verfügung gestellt. Das Landgericht teilte zwar die Ansicht, dass es sich bei den Warnhinweisen um „wesentliche“ Informationen handele. Diese Hinweise bekomme der Kunde aber, sobald er am Automat auf die entsprechende Sortenwahltaste drückt und dann eine mit Hinweisen und Schockbildern versehene Packung ausgespuckt wird. Die endgültige Kaufentscheidung sei in diesem Moment noch nicht getroffen worden, so die Richter, sondern erst wenn die Packung an der Kasse zum Bezahlen vorgelegt wird. Die Informationen kämen also noch rechtzeitig.
Ähnlich wie das Landgericht München I hat im März bereits das Landgericht Berlin entschieden. (Az.: 17 HK O 17753/17)
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