Urteil zu Zigaretten im Supermarkt: Handel darf Gruselfotos verstecken

Nichtraucher wollen verbieten lassen, dass Ekelbilder auf den Schachteln im Automaten verdeckt sind. Aber es gibt erneut eine Schlappe vor Gericht.

Schockbilder auf Zigaretten

Sollen immer beim Kauf sichtbar sein: Schockbilder auf Zigaretten Foto: dpa

München dpa | Supermärkte müssen die Ekelbilder auf Zigarettenschachteln auch künftig nicht für sämtliche Kunden sichtbar an der Kasse präsentieren. Das Oberlandesgericht München wies am Donnerstag eine Klage der Initiative Pro Rauchfrei ab, mit der zwei Edeka-Geschäften verboten werden wollte, die gruseligen Fotos von Krebsgeschwüren, faulen Zähnen und schwarzen Lungen im Verkaufsautomaten zu verdecken. „Wir meinen, dass die Klage nicht begründet ist“, sagte der Vorsitzende Richter Andreas Müller am Donnerstag.

Es war die zweite Niederlage des Nichtrauchervereins: Vor einem Jahr hatte schon das Landgericht München in der ersten Instanz die Klage abgewiesen. Nächste Etappe wird der Bundesgerichtshof in Karlsruhe sein: Pro Rauchfrei will den Streit durch alle Instanzen durchfechten, notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof, wie der Vorsitzende Siegfried Ermer nach dem Urteil sagte.

Eigentliches Ziel von Pro Rauchfrei ist, den Zigarettenverkauf in Automaten grundsätzlich zu verbieten. „Deutschland ist das einzige Land, in dem es überhaupt noch Zigarettenautomaten gibt“, sagte Ermer.

Die EU-Tabakrichtlinie schreibt vor, dass auf Zigarettenpackungen große abschreckende Fotos gezeigt werden müssen. Zusammen mit Warnungen wie „Rauchen ist tödlich“ müssen diese Bilder mindestens zwei Drittel der Fläche auf den Vorder- und Rückseiten der Packungen einnehmen. In vielen Supermärkten sind die Fotos im Verkaufsautomaten aber verdeckt.

Im Moment des Kaufs müssen Ekelbilder sichtbar sein

Die Richter am OLG argumentierten ähnlich wie das Landgericht vor einem Jahr: Die Schockbilder müssen im Moment des Kaufs auf der Zigarettenschachtel zu sehen sein – doch der Automat an der Supermarktkasse ist demnach nicht Teil der Verpackung, sondern eine „Verkaufsmodalität“, also das Bereithalten der Zigaretten für den Verkauf.

Das sehen die Kläger anders: „Das ist kein Bereithalten, sondern ein Verstecken der Zigarettenschachteln in diesen Automaten“, sagte der Pro Rauchfrei-Anwalt Marc Pütz-Poulalion. Er verwies darauf, dass Supermärkte Schnapsflaschen für jedermann sichtbar in durchsichtigen Glaskästen präsentieren. „Es besteht überhaupt kein Grund, die Ware zu verstecken.“

Die Richter folgten dem nicht: „Nach dem Wortlaut besteht lediglich das Verbot, die auf der Packung befindlichen Warnhinweise zu verdecken“, verwies Richter Müller auf die Rechtsvorschriften.

Richter und Klägeranwälte stritten im Gerichtssaal, welche Handlungen zum Akt des Einkaufens gehören: schon das Drücken der Auswahltaste des Zigarettenautomaten oder lediglich der Moment des Bezahlens, in dem der Kaufvertrag zustande kommt.

„Kungelei mit der Tabakindustrie“

Nach Einschätzung des Gerichts werden den Käufern auch keine wesentlichen Informationen vorenthalten, wenn sie die Gruselfotos erst vor dem Bezahlen zu sehen bekommen. Das sei ausreichend, sagte Müller – „auch wenn es sich nur um einen sehr kurzen Moment handelt“.

Der Pro Rauchfrei-Vorsitzende Ermer warf nach dem Urteil der deutschen Politik Kungelei mit der Tabakindustrie vor: „Man muss in Deutschland um den Gesundheitsschutz kämpfen bis aufs Letzte. Es wird mit Paragrafen versucht, den Gesundheitsschutz im Rahmen der industriellen Interessen kleinzuhalten.“

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