: Beschuldigter klagt gegen das Bamf
Im Zuge der Bremer Asyl-Affäre wurde einem Dolmetscher gekündigt. Er war anscheinend scheinselbstständig
Von Jean-Philipp Baeck
Dauern wird er wohl nur ein paar Minuten und doch zieht ein Gütetermin vor dem Bremer Arbeitsgericht schon im Vorfeld Aufmerksamkeit auf sich. Verhandelt wird dort am Freitag die Klage eines Beschuldigten im Zuge der Ermittlungen in der Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Der Dolmetscher Abd-Al-Salam K. war nach Angaben seines Anwalt rausgeworfen worden, nachdem bei ihm die Wohnung durchsucht wurde. Pikantes Detail: Der Mann aus dem Libanon war anscheinend als „freier Mitarbeiter“ in Vollzeit für das Bundesamt tätig. Das hatte ihn aber nicht angestellt – und somit womöglich scheinselbstständig beschäftigt.
Zwischen 2013 und 2016 sollen in Bremen in mindestens 1.200 Fällen Asylanträge zu Unrecht bewilligt worden sein. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die frühere Behördenleiterin, mutmaßlich beteiligte Rechtsanwälte und auch den Dolmetscher Abd-Al-Salam K. Ihm wird vorgeworfen, Flüchtlingen für 500 Euro geholfen zu haben, falschen Angabe insbesondere über ihre Einreise zu machen.
Ob diese wie die anderen Vorwürfe stimmen, wird am Freitag allerdings nicht aufgeklärt. Ralf Salmen, Anwalt von Abd-Al-Salam K., erklärte der taz, in der Güteverhandlung gehe es darum, dass K. aus seiner Sicht ohne erkennbaren Grund und Frist keine Aufträge mehr bekommen habe. „Ihm wurde einfach gesagt, er müsse nicht wiederkommen.“ K. sei von einem Tag auf den anderen ohne Einkommen gewesen.
Salmen zufolge ist der Dolmetscher seit Juni 2016 als „Freier“ beim Bundesamt beschäftigt gewesen. Er habe in Vollzeit gearbeitet, die Einkünfte seien seine einzige Einnahmequelle gewesen.
„Wenn man jemanden in so einem Umfang beschäftigt, hätte man ihn anstellen sollen“, sagt Salmen. „Wir vertreten den Standpunkt, dass er faktisch Arbeitnehmer war und die Kündigung nicht rechtens ist.“ In jedem Fall hätte sein Mandant auch als arbeitnehmerähnlich Beschäftigter etwa Urlaubsanspruch.
Das Bundesamt hat sich bis Redaktionschluss nicht zum Fall geäußert – und auch nicht zu der Frage, wie die Beschäftigungsverhältnisse anderer Dolmetscher aussehen.
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