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Sicherungsverwahrung fast voll

Sicherungsverwahrte haben in Niedersachsen seit fünf Jahren mehr Komfort als Häftlinge. Eine Bilanz

„Die Belegung ist seit der Eröffnung kontinuierlich gestiegen“, sagte JVA-Leiterin Regina Weichert-Pleuger. Derzeit sind nur noch fünf der 45 Plätze frei. In Niedersachsen gibt es momentan 50 Sicherungsverwahrte. Neun befinden sich in sozialtherapeutischen Einrichtungen, einer im offenen Vollzug.

Das 12,5 Millionen Euro teure dreigeschossige Gebäude in Rosdorf war Ende Mai 2013 als bundesweit erster Neubau für Sicherungsverwahrte eröffnet worden. Der Bau war nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erforderlich geworden, wonach Sicherungsverwahrte besser untergebracht sein müssen als Strafgefangene.

Die Betroffenen, die im Durchschnitt deutlich älter als 50 Jahre sind, haben jeweils ein 23-Qua­drat­meter-Appartement für sich zur Verfügung. Es hat zwei Zimmer und ein Duschbad. Gefängniszellen sind dagegen nur neun Quadratmeter groß.

Im Großen und Ganzen kommen Verwahrte und Bedienstete der JVA nach Einschätzung der Anstaltsleitung gut miteinander aus. Angriffe auf Justizbedienstete habe es in den fünf Jahren jedenfalls nicht gegeben, sagte Weichert-Pleuger. Zwischen den Männern selbst gebe es aber regelmäßig Konflikte, sagte die JVA-Chefin. „Viele haben nie gelernt, selbst kleinste Konflikte wie die Reinigung der Küche sozialadäquat zu lösen.“ Einige neigten dazu, Konflikte eher mit Druck oder Gewalt lösen zu wollen. „Andere wiederum sind so konfliktscheu, dass sie vor solchen Problemen eher flüchten und sich zurückziehen.“ Hier setze die sozialtherapeutische Arbeit an.

Hauptziel der Sicherungsverwahrung ist es zwar, die Allgemeinheit zu schützen. Doch die Betroffenen sollen auch psychiatrische oder sozialtherapeutische Behandlungen bekommen, sagte der Sprecher des Justizministeriums, Christian Lauenstein. Viele der Männer spielen dabei nach Darstellung der Anstaltsleitung nicht mit.

„Die Behandlungsmaßnahmen werden nicht im gewünschten Umfang angenommen“, sagte Weichert-Pleuger. „Doch nur im Fall einer erfolgreichen Behandlung haben die Männer die Aussicht, wieder in Freiheit zu leben.“ (dpa)

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