Rückgabe zweier Nama-Schädel: Bremer Solidarität mit Namibia
Kurz bevor eine offizielle Delegation Bremens nach Windhoek aufbricht, beschließt der Senat, zwei Nama-Schädel zurückzugeben.
Die hat eine Feierstunde in Berlin angeregt, bei der auch andere aus Deutschland in die namibische Heimat zurückzuführende Gebeine in einem pietätvollen Rahmen übergeben werden sollen. Das ist von Bedeutung, weil Deutschland sich schwer tut im Umgang mit dem Völkermord, den deutsche Soldaten 1904 bis 1908 unter ihrem Anführer Lothar von Trotha an den Herero und Nama verübten.
Bürgermeister Carsten Sieling stellte klar, dass „sich Bremen aus historischen Gründen in der Verantwortung“ sehe. Von hier war durch den betrügerischen Kaufmann Adolf Lüderitz die Kolonisierung Südwestafrikas ausgegangen, noch bevor das Reich einen Platz an der Sonne für sich beanspruchte.
Umgekehrt haben sich seit den 1970er-Jahren zunächst zivilgesellschaftliche Initiativen, seit der Ampel-Koalition aber auch der Senat vermehrt um Aussöhnung bemüht. So wurde 2004 anlässlich des 100. Jahrestages die internationale Konferenz zur Frage dieses ersten Genozids des 20. Jahrhunderts ausgerichtet. Sie gilt als wegweisend.
Zwar erkennt Deutschland mittlerweile den Genozid an, macht aber keine materiellen Zugeständnisse. Und die Klage von Nachfahren der Opfer vor einem Gericht in New York hält man für unzulässig und boykottiert sie mit dem Verweis auf die Immunität von Staaten.
Wiebke Ahrndt, Direktorin des Überseemuseums
Vor dem Hintergrund kann der jetzige Senatsbeschluss verdeutlichen, „dass wir in Solidarität nach Namibia reisen“, erläutert Rambalski. Ihm vorangegangen war ein förmliches Rückgabe-Ersuchen der Republik Namibia. „Das ist entscheidend“, so die Direktorin des Überseemuseums Wiebke Ahrndt. „Es kommt als sehr gönnerhaft daher, wenn wir den Herkunftsländern Rückgaben aufnötigen.“ Die Staaten müssten „selbst entscheiden, ob, wann und in welchem Rahmen sie die Objekte zurückhaben wollen, die zu Unrecht in unsere Sammlungen gekommen sind.“
Sehr unterschiedlich sei der Umgang der Herkunftsgesellschaften mit der Frage: So haben laut Ahrndt die Tlingit, die an der nördlichen US-Grenze Kanadas in British Columbia siedeln, Rückgaben von Artefakten ausdrücklich abgelehnt. In Tibet wiederum würden Skelettteile völlig unspirituell als bloßer Werkstoff behandelt, Flöten aus Menschenknochen von dort seien nichts ungewöhnliches. In einigen Gesellschaften Ozeaniens wiederum seien zumal Human Remains so stark tabuisiert, dass nur Clan-Mitglieder die jeweiligen Gebeine berühren dürfen, „allen anderen droht der Tod“.
Voraussetzungen, die eine Rückgabe erschweren, denn nur sehr unvollkommen geben die Eingangsbücher Auskunft über die Herkunft der Sammlungsstücke. Mitunter sind Tierknochen als menschlich katalogisiert worden, Quellen seien unpräzise – und etliche Schrumpfköpfe stammen von Affen: „Die südamerikanischen Völker hatten rausbekommen, dass die bei Europäern sehr begehrt waren“, so Ahrndt. So habe sich ein regelrechter Fälschermarkt etabliert.
Komplexe Überprüfung
Namibia aber drängt wie die meisten afrikanischen Staaten sehr deutlich auf Rückgabe: Die offizielle Forderung bezüglich der Übersee-Schädel war in Bremen am 7. Juli 2017 eingegangen. Und bei den jetzt deakzessionierten Gebeinen hatte von vornherein festgestanden, dass es sich um menschliche Schädel handelt. Dass die Prüfung dennoch fast ein Jahr in Anspruch genommen hat, ist nachvollziehbar. Zwar war von vornherein bekannt, dass es im südwestlichen Afrika keinen Handel mit Menschenknochen gab, wie er in anderen Weltgegenden praktiziert wurde. Ein unehrenhafter Erwerb gilt also als sicher.
Auch hatte angesichts der lückenhaften Dokumentation ihrer Herkunft von vornherein festgestanden, dass der wissenschaftliche Wert der Schädel sehr gering ist. Diese aber hatte die Klärung einer anderen Frage erschwert: „Wir mussten sicher sein, dass sie aus dem Gebiet des heutigen Namibia stammen“, so Ahrndt. Tatsächlich lässt sich wenig vorstellen, was peinlicher wäre, als Gebeine in die falschen Hände zu restituieren – und sich im Anschluss mit berechtigteren Forderungen tatsächlicher Nachfahren konfrontiert zu sehen.
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