kein kommentar: Wenn eines Tages der „Spiegel“…
Rudolf Augstein, so wurde damals beim Spiegel berichtet, wollte seinen kleinen Medienkonzern aus Nachrichtenmagazin, Online-Portal, TV-Programm und diversen Heftreihen von Spiegel spezial bis Spiegel Reporter stets noch um das Traditionsmedium schlechhin ergänzen: eine klassische Tageszeitung.
Was gab es nicht alles für Versuche: mal für Erster-Klasse-Bahn-Kunden (ICE press), dann für Lufthansa-Vielflieger. Bzw. TUI-Urlauber in Übersee (Der Tag). Als Nachmittagszeitung schaffte der es während der Olympischen Winterspiele in Nagano anno 1998 sogar kurz in den Hamburger Handverkauf. Und dieser Tage vor genau sieben Jahren sollte Der Tag dann bundesweit an Tankstellen, Bahnhöfen, usw. Furore machen. Klappte nicht ganz so, heute gibt es unter gleichem Titel ein Spiegel-Online-Newsletter per Mail oder im PDA-Format.
Doch jetzt könnte sich alles noch mal zum Guten wenden, mit dem Tag und auch dem Spiegel. Denn beim Berliner Tagesspiegel, genauer bei dessen Inhaber, dem Stuttgarter Holtzbrinck-Konzern, werden wieder einmal Käufer gesucht. Diesmal sogar ganz wirklich.
Im Herbst steht schließlich das Urteil des Bundesgerichtshofs in Sachen Kartellverfahren an. Holtzbrinck hatte 2002 auch die Berliner Zeitung gekauft, doch weil der Verlag in der Hauptstadt eben schon den Tagesspiegel sein Eigen nennt, sagte das Kartellamt mehrfach laut und deutlich Nein. Mit dem BGH-Spruch ist der Rechtsweg für Holtzbrinck dann endgültig zu Ende – und einer der beiden Titel muss weg.
Beim Tagesspiegel rechnet derzeit niemand mehr damit, dass es die mittlerweile sanierten Kollegen aus dem Ostteil der Stadt trifft. Und der Fachdienst Kontakter meldet, lediglich der in der Branche kursierende Verkaufspreis von 60 Millionen Euro für das nach wie vor defizitäre Blatt bereiteten dem Spiegel-Verlag Bauchschmerzen.
Dabei wäre diese Lösung für den Tagesspiegel (Auflage: 137.800) schon fast ideal: Zwar stünde auch dann Sanierung an, doch dürfte die etwas honoriger ausfallen als bei manch anderem Interessenten, allen voran der Essener WAZ-Gruppe. Ohnehin droht dem Blatt bei der Übernahme durch einen anderen Tageszeitungsverlag, beispielsweise den der Süddeutschen, nur noch eine Art Berliner Lokalausgabe desselben zu werden. Beim Spiegel dagegen besteht diese Gefahr nicht. Und dann bietet sich die Sache ja schon wegen des Namens an ... STEFFEN GRIMBERG
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