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„test“ findet krebsverdächtiges PestizidGlyphosat in alkoholfreiem Bier

Das umstrittene Ackergift wurde in „Flensburger Frei“ und „Holsten Alkoholfrei“ nachgewiesen. Krebsgefahr ist nicht ausgeschlossen.

Alkoholfreies Bier mit Glyphosat? Da schmeckt's gleich weniger gut Foto: dpa

Berlin taz | Auch viele alkoholfreie Biere enthalten nach Angaben der Stiftung Warentest das unter Krebsverdacht stehende Pestizid Glyphosat. „Außer in zwei Bio-Bieren wiesen die Tester in allen Bieren das umstrittene Pflanzen­schutz­mittel Glyphosat nach“, teilte die Organisation am Mittwoch mit. „Flens­burger Frei und Holsten Alkoholfrei enthielten so viel, dass die Biere im test-Qualitäts­urteil abge­wertet wurden.“ Frühere Untersuchungen hatten das Unkrautvernichtungsmittel in alkoholhaltigen Bieren nachgewiesen.

Die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation hat den weltweit meistgenutzten Pestizidwirkstoff im März 2015 als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. Die Wissenschaftler beriefen sich insbesondere auf beunruhigende Ergebnisse von Tierversuchen. Allerdings widersprach zum Beispiel die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit, da die Experimente nicht aussagekräftig genug seien.

Die Stiftung Warentest zieht aus der Kontroverse folgenden Schluss: „Solange das Risiko nicht abschließend geklärt ist, sollten Brauereien aus vorsorgendem Verbraucher­schutz die Gehalte senken – zumal der Mensch auch aus anderen Quellen Glyphosat aufnimmt.“

Der Deutsche Brauer-Bund antwortete darauf, das staatliche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) habe die bisher in Lebensmitteln nachgewiesenen Spuren als gesundheitlich unbedenklich eingestuft. „Um gesundheitlich bedenkliche Mengen von Glyphosat aufzunehmen, müsste ein Erwachsener laut BfR an einem Tag rund 1.000 Liter Bier trinken.“

Die Stiftung wollte nicht auf Fragen der taz dazu eingehen. Klar ist aber: Bei seiner Rechnung geht das BfR davon aus, dass Glyphosat nicht krebserregend ist. Doch genau das ist umstritten. Sogar das BfR räumt ein, „dass auch sehr niedrige Dosierungen eines krebserzeugenden Stoffes ihre schädigende Wirkung entfalten können“. Ein sicherer Grenzwert sei nicht ableitbar.

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11 Kommentare

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  • Mir auch ein Rätsel, warum trotz der ganzen Radioaktivität-Glyphosat-Gentech-Extremwetter-Gefahren die Lebenserwartung steigt und steigt und steigt....

    Eigentlich müssten wir alle schon tot sein, wenns nach den Mahnern und Warnern ginge...

    • @Frank Erlangen:

      Dieses Herumspekulieren mit Grenzwerten und Aussagen von wissenschaftlichen Publikationen ist das Geschäftsmodell von NGOs und Test-Zeitschriften. Dabei werden den Lesern (Kunden) und Spendern wichtige Fakten verschwiegen. So beschreibt ein Grenzwert keine Schwelle zur Gefährung. Dafür müsste man schon 1000mal mehr von einem Produkt über Tage verzehren. Bei Fleisch wären wir dann bei täglichen Verzehrsmengen um die 1000 kg. Problem: So große Teller gibt es nicht.

  • Übrigens ist Coffein zehnmal giftiger als Glyphosat.

  • Wenn Glyphosat krebserregend wäre, dann müsste sich das bei den Landwirten zuerst zeigen. Und das seit Jahrzehnten. Die Substanz kam erstmals 1974 als Wirkstoff des Herbizids Roundup auf den Markt. Landwirte hantieren hier mit ganz anderen Mengen als die geringen Spuren im Bier.

    • @Manfred Stein:

      Als dieses Wundermittel Mitte der 1970er Jahre auf den Markt kam -schon damals spottbillig in der Produktion, in der Anwendung jedoch extrem teuer über mehrere Dekaden hinweg (um die 800 DM/ha ) wurde ihm die Absolution inklusive weitreichendem Heiligenschein sofort verliehen. Sind unsere Altvorderen jenen segensreichen Verheißungen in den Hochglanzbroschüren nicht gnadenlos aufgesessen; ein gesundheitlicher Unbedenklichkeits-Persilschein gipfelte sogar in der fatalen Aussage, Glyphosat könne man trinken.

       

      Hat man damit nicht vornehmlich uns Bauern in großem Stile belogen, vorsichtig ausgedrückt, sogar vorsätzlich betrogen? Als Anwender begrüße ich es außerordentlich, dass man die maßgeblichen Gutachten hierzu heute nochmals en détail zerpflückt und wissenschaftlich geordnet vollkommen industrieunabhängigen Gedankenansätzen zuführt. Zu keinem Zeitpunkt überhaupt hatte man die kumulativen Effekte, gerade was vornehmlich einen Anwenderschutz angeht, in entsprechend wissenschaftlichem Fokus.

       

      Wie viele Winzer und Ackerbaukollegen haben in meinem persönlichen Umfeld das Rentenalter nicht lebend erreicht!? Etwaige Ursächlichkeiten wurden bislang seitens unseres bäuerlichen, ohnedies schon kränkelnden Sicherungssystems nicht unbedingt anerkannt, gerade unsere berufsständische Vordenkerelite mauert dahingehend konsequent. Mit Verlaub, äußerst erfolgreich. Bis zum heutigen Tage konnte man einer etwaig in Bewegung geratenden Kostenlawine zumindest vorbeugen und so ferner doch einige dick gepolsterte Chefsessel retten, die ein solches Beben wohl schwerlich überstünden.

       

      So hat Glyphosat für meine Begriffe nicht nur die Gesundheit der Bauern bedroht; mit dem Einsatz einher ging parallel auch zügig ein rasanter Preisverfall über alle unsere Erzeugnisse hinweg, der noch heute Zug um Zug nicht wenige Familienbetriebe in den betriebswirtschaftlichen Ruin treibt. Letztere Aussage beansprucht weltweite Gültigkeit!

      • @EU-Bauer_Klaus1618:

        Glyphosat mag billig in der Produktion sein. Nach Markteinführung müssen die Unternehmen erst einmal die Entwicklungskosten verdienen, die sie über Jahre vorfinanziert haben. ZU den Entwicklungskosten mussen auch solche Ausgaben hinzugerechnet werden, die für andere Produkte ausgegeben wurden, die nie die Marktreife erlangt haben. Das muss auf die erfolgreichen Produkte umgelegt werden.

  • Keinen deutschen Bauern kann man hier auf der Anklagebank positionieren. Unter penibelsten Auflagen ist die Sikkation in der Braugerste schon seit eh und je strengstens verboten, da das Keimverhalten der Qualitätsbraugerste äußerst negativ beeinflusst wäre!

     

    Unsere aufnehmende Hand achtet strengstens auf die Einhaltung dieser Regularien bei Androhung nachhaltiger Sanktionen.

     

    Werter Herr Maurin, recherchieren Sie doch bitte, aus welchen Quellen diese glyphosatbelasteten Braugerstenpartien stammen. Aus Deutschland definitiv nicht.

     

    Allerdings deckt sich unsere internationale Brauindustrie weltweit zu absoluten Dumpingpreisen ein.

     

    Der deutsche Bauer erhält derzeit „stolze“ 17 €/dt. Daraus können unsere Alchemisten aus ihren Braukesseln problemlos um 400 Liter qualitativ bestes bzw. ca. 500 Liter minderwertigeres Bier herstellen. Die Preise für das Endprodukt in den Discountern bis hin zum Münchner Oktoberfest ist den Verbrauchern weitaus besser bekannt als mir.

     

    Ca. 14 €/dt Braugerste gehen nach der Vermälzung bzw. nach dem Brauprozess sofort wieder zurück in den bäuerlichen Futtertrog (z.B. Biertreber, Bierhefe usw.).

     

    Eigentlich dient der deutsche Braugerstenanbauer zu einem Spottpreis seine unverzichtbaren Ingredienzen dieser Industrie an, um nun wieder dem gehobenen Zeigefinger in entsprechender Verantwortlichkeit begegnen zu müssen!?

     

    Nein, dagegen verwahre ich mich als deutscher Bauer mit einem absolut reinen Gewissen vehement. - Hier wäre aber tatsächlich journalistische Recherche u. Ehrlichkeit angebracht, zumal sich der jeweilige Produktionsstandort heute problemlos rückverfolgen lässt unter Zuhilfenahme einer geeigneten Analysemethodik. - Viel Erfolg dabei!

    • @EU-Bauer_Klaus1618:

      Der Braugerstenpreis in der KW 22 war 19,41 €/dt. (Quelle: https://www.agrarheute.com/markt/marktfruechte/preise-fuer-braugerste-bleiben-hoch-544651)

      Für Vollbier benötigt eine Brauerei 16 kg Malz pro Hektoliter, das sin bei einem Mälzungsschwand von 20% 5hl Verkasufsbier pro Dezitonne. Ein "qualitativ bestes " (sic!) oder "minderwertigeres Bier" definiert sich nicht über die Stammwürze.

      Ist Ihnen eigentlich bekannt dass ihre Braugerste auch noch vermälzt wird? Nicht Brauereien sondern Mälzereien kaufen Braugerste ein.

      Die Treberpreise berechnen sich nach der Trockensubstanz, die bei ca. 20% liegt. Ihre Aussagen dazu und zu Futterhefe sind ebenfalls nicht zutreffend.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...es gibt keine 'sicheren' Grenzwert.

    Theoretisch und praktisch können Konsumenten bereits nach einem Bier, welches Glyphosat enthält, an Krebs erkranken.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    „Um gesundheitlich bedenkliche Mengen von Glyphosat aufzunehmen, müsste ein Erwachsener laut BfR an einem Tag rund 1.000 Liter Bier trinken.“

     

    Schaff ich.

  • Funfact: Die (geringe) Restalkoholmenge ist ebenfalls krebserregend. Ausserdem wurde die Bier-Glyphosatsau schon mal 2016 durchs Ökodorf getrieben: https://www.kochbar.de/cms/weitere-substanz-in-bier-krebserregend-ist-hopfen-und-malz-verloren-2752470.html