Indonesiens islamistischer Terror: Familien als neue Attentäter
In Indonesien kam es innerhalb eines Tages zu zwei Terroranschlägen. Beide Male waren die Attentäter Familien mit minderjährigen Kindern.
Die achtjährige Tochter, die hinten auf einem Motorrad saß, überlebte laut Polizei schwer verletzt. Die Eltern und zwei Geschwister starben. Vier Polizisten und zwei Passenten wurden verletzt.
Wer hinter dem Anschlag steckt, blieb zunächst unklar. Die Polizei machte auch noch keine Angaben zur Familie.
Die Sicherheitskräfte waren bereits alarmiert und hatten mit Anschlägen auf Polizeistationen gerechnet. Denn erst letzte Woche war im größten Polizeigefängnis in Depok bei Jakarta ein 36-stündiger Aufstand von Islamisten niedergeschlagen worden. Es starben fünf Polizisten und ein Insasse.
Drei Anschläge von einer einzigen Familie
Zunächst wurden am Sonntag in Surabaya Kirchen angegriffen. Sonntagmorgen attackierte eine sechsköpfige Islamisten-Familie innerhalb weniger Minuten drei Kirchen.
Laut Polizei fuhren die 16- und 18-jährigen Söhne mit Motorrädern kurz vor dem Gottesdienst vor eine katholische Kirche und zündeten Sprengstoff. Derweil brachte der Vater seine Frau und zwei Töchter, 12 und 9 Jahre alt, mit einem Kleintransporter zu einer anderen Kirche. Sie drängten dort durch den bewachten Eingang und zündeten an ihren Körpern befestigte Bomben.
Der Vater war da schon zu einer Pfingstkirche unterwegs, wo er den Transporter gegen die Kirchenmauer fuhr und dabei eine Bombe zündete.
Insgesamt starben 13 Menschen, 43 wurden verletzt. Es ist der opferreichste Anschlag auf Christen in Indonesien seit dem Jahr 2000 und der insgesamt opferreichste Anschlag im Land seit 2005. Von den 260 Millionen Einwohnern sind 85 Prozent Muslime.
Noch am Sonntag übernahm die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) die Verantwortung für die Kirchenanschläge. Die IS-Webseite Amac bezeichnete die Attentäterfamilie als „Märtyrer“. Laut Polizei gehörte die Familie wohl dem lokalen IS-Ableger Jamaah Ansharut Daulah an.
Gefängnisaufstand nahe Jakarta
Der IS hatte sich auch des Gefängnisaufstandes gebrüstet. Die Aufständischen hatten ein Treffen mit dem im gleichen Gefängnis einsitzenden mutmaßlichen indonesischen IS-Führer Aman Abdurrahman durchgesetzt. Er gilt als Drahtzieher des ersten mutmaßlichen IS-Anschlages in Indonesien 2016.
Die Familie, die den Anschlag auf die Kirchen durchführte, wurde laut Polizei 2017 aus der Türkei abgeschoben. Zuvor lebte sie in Syrien in Gebieten des IS. Nach dessen Niederlagen kehrten viele indonesische Islamisten in ihre Heimat zurück. Laut Polizeipräsident Tito Karnavian sind 500 Indonesier aus Syrien zurückgekehrt, 1.100 seien noch dort. Bisher war von einer Gesamtzahl von 600 bis 800 ausgegangen worden.
Dass Familien inklusiver Kinder gemeinsam Terroranschläge durchführen hat es bisher noch nicht gegeben und stellt die Sicherheitskräfte vor neue Probleme. Bisher waren Selbstmordattentäter meist männlich. Doch hat es auch schon weibliche Attentäterinnen gegeben.
Familienattentat als neue Qualität des Terrors
Auch Kinder, oftmals Waisenkinder oder entführte Kinder wie von Boko Haram in Nigeria, wurden schon von manchen Terrorgruppen unter Drogen gesetzt oder mit falschen Versprechungen zu Selbstmordattentaten gezwungen. Dass sie aber von ihren eigenen Eltern mit diesen zusammen als Terrorwaffen eingesetzt werden, hat eine neue, menschenverachtende Qualität.
Womöglich konnte Indonesiens Polizei einen weiteren Anschlag, vielleicht ebenfalls von einer Familie, am Sonntagabend in Surabayas Vorort Sidoarjo verhindern.
Wie der lokale Polizeisprecher Fans Barung Mangera berichtete, umstellte die Polizei eine Wohnung. In der lebte ein Freund des Vaters, dessen Familie am Morgen die Kirchen angegriffen hatte.
Als die Polizei die Wohnung stürmen wollte, wurde dort eine Bombe gezündet. Der Mann, seine Frau und ein Kind starben, drei Kinder wurden verletzt. Laut Polizei sei der Sprengstoff dort identisch mit dem gewesen, der gegen die Kirchen eingesetzt wurde.
Indonesiens Präsident Joko Widodo forderte inzwischen vom Parlament, endlich einer Verschärfung der Antiterrorgesetze zuzustimmen. Sonst wolle er das per Dekret durchsetzen. Vorgesehen ist u. a. die Möglichkeit der Inhaftierung Verdächtiger von bis zu sechs Monaten.
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