: Kein Grund zum Feiern
Regierung und Bundestag schweigen zum 8. Mai. Warum der Jahrestag der Befreiung bis heute kein Feiertag ist
Dem Deutschen Bundestag ist der Termin keine Erwähnung wert. Das Parlament befindet sich in dieser Woche in einer Sitzungspause. Entsprechend sei zum 73. Jahrestag der Befreiung von den Nazis keine Gedenkveranstaltung oder Ähnliches vorgesehen, sagte eine Sprecherin. Vonseiten der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei zum 8. Mai „nichts geplant“, sagte ein Sprecher.
Auch wenn sich an diesem „krummen“ Jahrestag Parlament und Regierung in Schweigen hüllen – der Bedeutungswandel des 8. Mai in den letzten Jahrzehnten ist unverkennbar. „Niederlagen feiert man nicht“, hieß es vonseiten der CDU/CSU-Opposition noch 1970, als Kanzler Willy Brandt (SPD) eine Regierungserklärung zum 25. Jahrestag abgab. Fünf Jahre zuvor hatte Bundeskanzler Ludwig Erhard (CDU) betont, einen Anlass, den „8. Mai als einen Gedenktag der Befreiung zu feiern“, sehe er nicht.
Als Wendepunkt in der Debatte um „Niederlage“ oder „Befreiung“ gilt die Rede Richard von Weizsäckers zum 40. Jahrestag im Jahr 1985, als der Bundespräsident den 8. Mai als „Tag der Befreiung von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ bezeichnete. Ein Feiertag wurde der 8. Mai in der Bundesrepublik allerdings deswegen nicht. In der DDR dagegen feierte man von 1950 bis 1966 den „Tag der Befreiung des deutschen Volkes vom Hitlerfaschismus“, bei der vor allem die Rote Armee der Sowjetunion eine kritiklose Würdigung fand. 1967 fiel der Feiertag der Einführung der Fünftagewoche zum Opfer. Nur zu den runden Gedenktagen 1975 und 1985 gab es noch mal einen arbeitsfreien Tag.
Derzeit plant die rot-rot-grüne Berliner Landesregierung die Erhebung des 8. Mai zum Gedenktag, so wie es schon in Brandenburg, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern der Fall ist. Arbeitsfrei soll der Tag aber nicht werden. Nur der 8. Mai 2020, wenn sich das Kriegsende zum 75. Mal jährt, soll nach dem Willen der Berliner Koalition ein einmaliger Feiertag werden – ähnlich dem Reformationstag, der 2017 aufgrund des 500. Jahrestags als einmaliger Feiertag begangen wurde.
Klaus Hillenbrand
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