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Report sagt: Gut einkaufen bleibt schwierig

Zu viele Labels, zu viele Akteure, zu niedrige Standards. NGO kritisiert Nachhaltigkeitssiegel

Von Heike Holdinghausen

Das zunehmende Angebot zertifizierter Produkte macht den Konsum nicht nachhaltiger. Das ist das Ergebnis eines Reports der niederländischen Organisation Changing Markets aus der vergangenen Woche. Die „Zertifizierungsflut“ sei weniger Antrieb zur positiven Veränderung, sondern stifte „für die VerbraucherInnen und die Industrie eher Verwirrung und steht wirklich nachhaltigem Konsum im Weg“, heißt es in dem Bericht mit dem Titel „Das falsche Versprechen der Zertifizierung“.

Drei Branchen hat Changing Markets betrachtet: Kleidung, Palmöl und Fischerei. Die Textilindustrie sei für einen hohen Chemikalieneinsatz und schlechte Arbeitsbedingungen in den meist wenig entwickelten Produktionsländern verantwortlich; Palmöl sei ein wesentlicher Treiber für Waldrodungen – die Fischerei für die Überfischung großer Teile der Fischbestände. Sinnvolle Maßnahmen gegen Überfischung seien etwa Meeresschutzgebiete oder wissenschaftlich ermittelte Fangquoten, die auch durchgesetzt würden. Siegel wie das des MSC, des Marine Stewards Council, seien hingegen wenig hilfreich. Seine Standards seien zu niedrig und würden nicht konsequent durchgesetzt, so der Report. Der MSC wehrt sich: Von 300 zertifizierten Unternehmen würden nur fünf bis zehn die Standards verletzen.

In dem Report kommt auch die „Inflation von freiwilligen Programmen und grünen Gütezeichen“ im Textilsektor schlecht weg. Bei den meisten der rund 100 im Ecolabel Index aufgeführten Nachhaltigkeitssiegeln vermisst Changing Markets Transparenz; bei einigen könnten sich die Unternehmen aussuchen, welche Kriterien sie erfüllten, und welche nicht. Derzeit gebe es kein Programm oder Labels, das nachvollziehbar und verlässlich hohe Standards in jedem Glied der Lieferkette sicherstelle, halten die Autoren fest. Gänzlich kritisch sehen die Autoren Label im Bereich Palmöl, etwa den Roundtable of Sustainable Palmoil (RSPO). Kein Programm habe dazu beigetragen, Waldrodungen, Trockenlegungen von Mooren oder den Verlust der Artenvielfalt zu stoppen. Changing Markets schlussfolgert, viele Nachhaltigkeitssiegel sollten abgeschafft oder reformiert werden, keinesfalls könnten sie staatliche Regulierung ersetzen.

Natürlich seien Siegel kein Allheilmittel, sagt Roland Gramling, Sprecher des WWF, aber sie seien ein erster Schritt zu mehr Nachhaltigkeit und würden den Verbrauchern in einem Massenmarkt Orientierung bieten. Die Umweltorganisation beteiligt sich sowohl am RSPO als auch am MSC-Siegel.

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