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Macron-Gegner stürmen Bastille

Am ersten Jahrestag der Wahl von Frankreichs Präsident Macron gibt es eine Straßenparty gegen ihn

Die französische Linke feiert ein fröhliches Picknick gegen eine rechtslastige Politik

Aus Paris Rudolf Balmer

Für die einen war der 5. Mai der 200. Geburtstag von Karl Marx, in Frankreich war es aber auch der erste Jahrestag der Wahl von Präsident Emmanuel Macron als Nachfolger von François Hollande. Die politische Linke ist längst ernüchtert von der rechtslastigen Politik der neuen Regierung. Zur „Feier“ haben die Linksparteien mit Ausnahme der Sozialisten am Samstag eine karnevalsartige Demonstration organisiert.

Bevor sich der bunte Umzug mit thematischen Wagen und zahllosen oft selbstgefertigten Spruchbändern und Plakaten in Richtung Bastille in Bewegung setzte, gab es auf dem Platz vor der Pariser Oper Garnier ein fröhliches Picknick. Am Ende der Kundgebung war der historische Platz, wo einst die Französische Revolution begann, brechend voll, als Jean-Luc Mélenchon, Chef der France insoumise, seine Rede hielt.

Wie jedes Mal gehen die Schätzungen der Zahl der Demonstranten weit auseinander. Die Polizei spricht von 40.000, die Partei France insoumise (FI) von viermal so viel. Auf jeden Fall konnte die französische Linke einen Mobilisierungserfolg feiern. Die zum Teil aus ganz Frankreich angereisten Teilnehmenden wurden mit sommerlichem Wetter und toller Stimmung belohnt. Unter ihnen gab es viele Familien sowie Studierende und GewerkschafterInnen, die in dieser Demonstration Unterstützung und lebhaften Applaus für ihre laufenden Konflikte (Bahnstreik und Protestbewegung gegen die Hochschulreform) erhielten.

Diese Form einer friedlichen und humorvollen Kundgebung war eine Idee des antikapitalistischen Exjournalisten und Abgeordneten François Ruffin, der in Frankreich namentlich wegen seines preisgekrönten Dokumentarfilms „Merci patron“ bekannt ist. Er hatte bereits zusammen mit dem Soziologen Frédéric Lordon bei der Lancierung der basisdemokratischen Debatte „Nuit debout“ auf dem Platz de la République eine entscheidende Rolle gespielt und wird neben dem Expräsidentschaftskandidaten und FI-Partei­chef Mélenchon zu einer Führungsfigur der französischen Linken.

„La fête à Macron“ lautet das Thema seines Aufrufs. Jemandem ein Fest zu organisieren bedeutet in der französischen Umgangssprache mehr eine Drohung mit Bestrafung als eine Gratulation. Innenminister Collomb und andere Mitglieder von Macrons Bewegung „En Marche“ hatten deswegen protestiert, ­damit werde auch eine gewaltsame Aktion legitimiert, was die Organisatoren der Demo von Samstag entrüstet dementiert haben.

Ihre Kundgebung verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle, ganz im Unterschied zur Feier des 1. Mai in Paris, wo die Polizei von einem schwarzen Block aus mehr als tausend Leuten überrascht wurde, die am Rande der Demo einigen Sachschaden anrichteten.

Die Party zum Jahrestag der Macron-Wahl war nicht der erste und nicht der letzte Anlass für seine Gegner, in der Öffentlichkeit gegen die autoritäre Wende seiner Regierungspolitik zu demonstrieren. Schon ist von Gewerkschaften, Linksparteien und diversen Bewegungen und Organisationen ein gemeinsamer Protesttag am 26. Mai geplant, bei dem sie noch mehr Teilnehmende als jetzt er­warten.

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