Schwerpunktkontrollen im BVG-Bus: Erwischt!
Die BVG kontrolliert auch zusammen mit der Polizei Tickets. Der martialische Einsatz habe aber nichts mit der Renitenz der „Schwarzfahrer“ zu tun.
Das Schöne am Vornesitzen im BVG-Doppeldeckerbus ist der Überblick aus den großen Fenstern. Und so sehe ich am Dienstagmorgen schon von Weitem, dass dies keine normale Busfahrt werden würde: An der Haltestelle Waldeckpark wimmelt es von Menschen. Aber nicht, weil lange Zeit kein Bus gekommen ist – was auf der Linie des M29 ja fast Alltag ist. An diesem Morgen sind die meisten Wartenden uniformiert, entweder in Blau-Gelb oder ganz in Blau. Die Blau-Gelben stürmen beim Öffnen der Türen in den Bus: „Guten Tag, die Fahrkarten, bitte.“
Die Ausbeute der Kontrolleure auf „meinem“ Oberdeck war nicht schlecht: Zwei Studierende geben an, ihr Semesterticket vergessen zu haben – was plausibel klingt, schließlich hat das neue Semester gerade erst begonnen. Eine seriös wirkende Dame in den 50ern hat angeblich ihre Monatskarte nicht dabei – und die Autorin dieser Zeilen hatte nur eine „Kurzstrecke“ gekauft, obwohl der Weg von Zuhause bis zur taz so kurz nun auch wieder nicht ist.
Angekommen in der Redaktion ergibt eine Blitz-Recherche an der Kaffeemaschine, dass mindestens ein weiterer Kollege an diesem Morgen auf derselben Strecke erwischt worden ist. Auskosten will die BVG diesen Erfolg aber nicht: Es werde kein Buch darüber geführt, wie viele „Beförderungserschleicher“ bei diesen Schwerpunktkontrollen ins Netz gehen, erklärt ein Sprecher. Vier bis fünf gebe es davon pro Woche, verteilt auf alle Verkehrsmittel und das ganze Stadtgebiet. Deswegen sei es gut möglich, dass mir so etwas in zehn Jahren mehr oder weniger regelmäßiger M29-Fahrten noch nie passiert sei.
Dass die Polizei bei so einer Schwerpunktkontrolle mit zwei Mannschaftswagen und – grob geschätzt – fünf bis zehn Beamten vor Ort ist, liege übrigens nicht an der zunehmenden Renitenz der „Schwarzfahrer“, sagt der Sprecher. Im Schnitt zwei Mal pro Woche seien die „Blauen“ dabei. „Das hat vor allem praktische Gründe“, erklärt er. Denn wenn ein Mensch ohne Fahrkarte sich nicht ausweisen kann, müssten die Kontrolleure ohnehin die Polizei rufen.
Zudem gehe es darum, dass man sich zusammen zeige. „Das signalisiert eine enge Zusammenarbeit“, so wie bei den gemeinsamen Streifen in den U-Bahnhöfen und in der BVG-Leitstelle Sicherheit. Leider fällt mir erst nach dem Telefonat die Frage ein, was die Themen „Sicherheit“ und „Schwarzfahren“ miteinander zu tun haben. Fühlen sich Fahrgäste tatsächlich sicherer, wenn Nichtzahler erwischt werden?
P.S. Meine 60 Euro Bußgeld gehen als ausgleichende Gerechtigkeit völlig in Ordnung. Und jetzt kann man ja auch wieder frostfrei Rad fahren.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“