Obdachlosigkeit in Berlin: Pessimismus ist durchaus angebracht
Die Politik sucht endlich nach einer Strategie im Umgang mit Obdachlosigkeit. Entwarnung kann noch lange nicht gegeben werden.
S eit Jahren steigt die Zahl der Obdachlosen in Berlin, auf aktuell rund 8.000 Menschen, so schätzen es die Wohlfahrtsverbände. Wenn nun der Senat und die Bezirke, allen voran Mitte mit seinem Armutstreffpunkt Tiergarten, versuchen, planvoll mit dem Thema Obdachlosigkeit umzugehen, dann ist das angesichts jahrelanger Warnungen von Experten lange überfällig und freilich lobenswert. Entwarnung aber kann es noch lange nicht geben. Aus zweierlei Gründen.
Den ersten räumen die beteiligten Politiker schon selbst ein: Wenn die nach den Meldungen über aggressive Obdachlose gegründete Taskforce Tiergarten eine Entspannung der Lage vermeldet, dann ist das natürlich noch lange kein Verdienst einer neuen politischen Strategie, sondern vielmehr ein alljährlich wiederkehrendes Phänomen: Im Winter stehen Hunderte zusätzliche Notübernachtungsplätze der Kältehilfe zur Verfügung. Und auch jene Obdachlosen, die sich dort aus verschiedenen Gründen nicht einquartieren mögen oder können, verkriechen sich weitgehend ins Unsichtbare. Bis der Frühling kommt.
Der zweite Grund ist dieser: Zu den 8.000 Obdachlosen kommen aktuell bis zu 20.000 Wohnungslose, die gerade noch irgendwo Unterschlupf finden, aber keine eigene Wohnung (mehr) haben. Man braucht keine Pessimistin zu sein, um eine Verschärfung der Wohnungsknappheit in Berlin zu befürchten. Dann stehen auch diese Menschen potenziell auf der Straße und sind angewiesen auf preiswerte Unterbringungsmöglichkeiten, um die in einer Stadt des immer knapperen Raumes allzu viele Menschen buhlen. Schon jetzt suchen Notunterkünfte Monate nach geeigneten Räumen. Und eine Notunterkunft ist noch keine Wohnung.
Die Ratlosigkeit in dieser Frage steht PolitikerInnen genau wie ExpertInnen und Wohlfahrtsverbänden ins Gesicht geschrieben. Es wird eine der ganz großen Fragen für die Zukunft dieser Stadt sein.
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