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Tierquälerei für NudelfirmenVerletzt und verdurstet

Peta beschuldigt Hühnerzüchter in Polen und den Niederlanden der Tierquälerei. Sie liefern Eier für Nudeln von „Birkel“ und „3 Glocken“.

So gut wie diesen Hühnern aus Hessen geht es leider nicht allen Foto: dpa

Berlin taz | Hühner mit gebrochenen Beinen, Wunden und Infektionen, dazu verdurstete Tiere: Die Tierrechtsorganisation Peta wirft drei polnischen und vier niederländischen Hühnerfarm-Betreibern massive Tierquälerei vor. Zudem habe Freilandhaltung zu Bedingungen der Bodenhaltung und Bodenhaltung zu Bedingungen der Käfighaltung stattgefunden. Die Organisation hat die Betreiber der Ställe wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz und EU-Richtlinien angezeigt. Drei der Betriebe beliefern über die Global Food Group (GFG) unter anderem die deutschen Nudelproduzenten Birkel und 3 Glocken, die zur Newlat GmbH gehören.

Als Beweis präsentieren die Tierschützer Bildmaterial aus den betroffenen Unternehmen, das ihnen zugespielt wurde. Die Fotos zeigen unter anderem Hühner, die zwischen Gitterstäben eingequetscht sind oder halb gerupft mit Entzündungen herumlaufen. Laut Peta lassen die Bilder bei einem Betrieb im niederländischen Ysselstein darauf schließen, dass das Unternehmen die Hühner nie aus den Hallen lässt, obwohl offiziell Freilandhaltung stattfindet.

In einer Junghennenaufzucht in Nederweert fanden sich Peta zufolge tote Küken auf dem Fußboden, die von ihren Artgenossen angepickt wurden. Beim polnischen Unternehmen Fermy Drobiu Woźniak beanstandeten die Tierrechtler Verstöße gegen die gesetzliche Streupflicht. Die Hühner könnten deshalb nicht am Boden picken und scharren, was sie unter erheblichen psychischen Druck setzen würde.

Lisa Kainz, Agrarwissenschaftlerin bei Peta, warf der Eierindustrie vor, dem Tierwohl gleichgültig gegenüberzustehen und Kunden in die Irre zu führen: „Die Verbraucher werden getäuscht und das massive Leiden für Eiernudeln, Kekse und andere eihaltige Nahrungsmittel vertuscht.“ Die veröffentlichten Bilder seien für die ganze Branche repräsentativ. Peta will daher mit der Kampagne „Mach dich eifrei“ über die Produktionsbedingungen der Industrie aufklären und Alternativen zum Eierkonsum aufzeigen.

Tiere ausgesperrt und verdurstet

In den vier weiteren Betrieben, die die GFG beliefern, seien ähnliche Zustände zu beobachten, so Peta. Eine Bodenhaltungsanlage in Nederweert halte einen Teil der Hühner faktisch in Käfighaltung. Neben dem allgemeinen Platzmangel kreidete Peta auch an, dass einige Tiere ausgesperrt worden und dann verdurstet seien. Zahlreiche Kadaver würden zwischen den anderen Tieren verrotten. In zwei Käfighaltungen, die ebenfalls zu Fermy Drobiu Woźniak gehören, wurden laut Peta EU-Richtlinien verletzt: Die Vögel hätten zu wenig Platz, keine Nester und keine Sandbäder.

Trotz angeblicher Freilandhaltung verlassen die Hühner laut Peta nie den Stall

Die Newlat GmbH aus Mannheim hatte Anfang 2014 Birkel und 3 Glocken übernommen und bezeichnet sich als deutscher Nudelmarktführer. Darüber hinaus wirbt das Unternehmen explizit damit, dass einige seiner Produkte mit Eiern aus Freilandhaltung produziert wurden.

Die beschuldigte Global Food Group produziert nach eigenen Angaben mehr als 20 Millionen Eier pro Woche und ist in 14 europäischen Ländern tätig. Transparente Produktion wird auf der Website des Betriebs als wichtiger Wert genannt. Das Unternehmen wollte sich auf Anfrage der taz nicht zu den Vorwürfen äußern. Auch Fermy Drobiu Woźniak war für eine Stellungsnahme nicht zu erreichen.

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10 Kommentare

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  • Gestern erzählte mir ein Imker, ca. 40 Jahre alt, das Aussterben der Wildbiene würde noch während seiner Lebenszeit erfolgen.

    Wie Lange wollen wir noch tatenlos zusehen, wie uns die Biosphäre vor die Hunde geht? Das gleiche gilt für die sich ständig wiederholenden Bilder von gequälten Tieren, klagenden Bauern und Seen voller Gülle.

    Wir sind der Souverän und können all dies mit unserem täglichen Konsum sofort abstellen.

    Aber an Stelle zu handelt, leisten wir uns undifferenzierte und alberne Debatten und verspotten mit unseren Wohlstandsbäuchen die Veganer.

    Wir sollten uns vor unseren Kindern schämen!

    • @laun dry:

      Sie haben absolut Recht.

      Würden wir ehrlich allen Kindern die traurige Realität erklären würde die Zahl der Veganer sprunghaft ansteigen. Dazu gehört selbstverständlich auch daß die scheinbar harmlosen Eier und Milch in Wahrheit auch unter erbärmlisten Tierhaltungsbedingungen produziert werden und nur ein Nebenprodukt der brutalen und emotionslosen Fleischproduktion sind, auf die wir heute für ein gutes gesundes Leben in keinster Weise mehr angewiesen sind.

      Stattdessen belügen wir die Kinder mit albernen idyllischen Bauernhofbilderbüchern mit all den Tieren, die freundlich gucken. Gleichzeitig belehren wir die Kinder daß man nicht lügen darf.

      Das ist das Beschämenste überhaupt. Lügen und Heuchelei vor unseren Kindern. Da sollte sich jeder mal an den eigenen Schopf greifen.

      Kein Mensch der Welt kann diesen Wiederspruch ethisch begründen.

      Alle Erklärungsversuche wirken hilflos und verharmlosend.

  • Go vegan! Stoppt die Ausbeutung an Tieren, ob in „guter“ oder schlechter Haltung, artgerecht ist nur die Freiheit!

  • 9G
    96173 (Profil gelöscht)

    Die Eier braucht man, wenn man aus minderwertigen Getreide Nudeln herstellen will. Die Italiener kaufen in D den hochwertigen Weizen auf, bei dem braucht man kein Flüssigei.

    Jetzt muß den Gammas in D nur noch per TV-Werbung klar machen wie toll

    Eiernudeln sind.

    Im Übrigen sind Nudeln ernährungsphsiologisch mit die dümmste Stärkezuführung, fast wie weißer Zucker... .

    • @96173 (Profil gelöscht):

      Die Italiener kaufen in D den hochwertigen Weizen auf? Ist mir neu. Wir kaufen in aller Welt hochwertigen, eiweißreichen Weizen ("Hartweizen") auf, weil wir in unserem Klima den nur schwer erzeugen können. Darum gab es in Deutschland "Eiernudeln", weil unsere Weizen nicht auf die klebenden Eiewißgehalt wie der unter südlicher Sonne kommen. Eiernudeln dürften bei Bio, Werbung mit "regional" zum Trotz, nur im Bereich der Hofangebote (mit unserem Weizen und unseren Eiern) eine Rolle spielen. Die Bio-Kundschaft in den Supermärkten dürfte zu 99% Nudeln aus Importweizen kaufen. Aber die Herkunft des 100% Hartweizens muß ja nicht auf der Bio-Packung stehen, auch nicht wenn "italienisch" draufsteht, da wurden die nur gemacht. Es ist eine besondere Kunst, Bio-Weizen für Nudeln herzustellen, das beherrscht die um so besser, je weiter weg die Erzeugngsländer sind, denn Stickstoff macht das Eiweiß und Eiweiß die Hartnudeln. Der Patriot isst Roggenbort oder Nudeln so regional, wie in der DDR, die hatten kein Geld für Importe. Grüße: Georg Keckl

    • @96173 (Profil gelöscht):

      Das stimmt nicht. Kartoffeln schneiden noch schlechter ab. Dann hätten wir da noch das Brot, etc. pp.

      Weiterhin kommt es stark auf den 'condimento' ("Soße" ist eine schlechte Übersetzung) an.

      Es gibt Menschen, die viel Energie verbrennen. Es sitzt nicht jeder den ganzen Tag lang im Stuhl. Energiereiche Kost ist nicht pauschal schlecht.

  • Ich kenne keine Italiener, der "Eiernudeln" kauft. Es wird nur Pasta aus Hartweizengrieß (und sonst nichts) verwendet.

     

    Dass man für diese "Eiernudeln" nicht die besten Eier verwendet, ist bekannt (ARD: Monitor). Es verhält sich wie mit der Wurst. Würden die Leute sehen, was dort für (Schlacht-)Abfälle versenkt werden, würden sie diese Produkte nicht einmal mehr mit der Kneifzange anfassen.

    • @xxxLCxxx:

      Der Vergleich mit der Wurst ist jetzt a bisserl unfair. In den meisten Wurstssorten landen aus gutem Grund ziemlich viele Bestandteile des geschlachteten Tieres, die normalerweise nicht in der Theke vom Metzger landen (Schwarten, Innereien, Fettfitzel, Fleisch das von den Knochen abgeschabt wurde etc.). wo der gepflegte Latte-Macchiato-Städter oder die iglo-fischstäbchen-sozialisierte Jugend angewidert sich abwendet. Von der Sau möglichst wenig wegzuwerfen ist das mindeste, was man zur "Würde der Schlachtsau" posthum machen kann. Abfälle (so mit Tendenz zu "Gammelfleischskandal") das ist was anderes.

      • 4G
        4845 (Profil gelöscht)
        @Da Hias:

        " Innereien"

         

        Also ich esse Kuttlen, Leber, Nieren und Herzchen ganz gerne. Am liebsten als Pfannengericht Gröschts.

      • @Da Hias:

        Sie vergaßen kotverschmierte Hufe (bei Monitor in Bilder, ist schon eine Weile her).