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Er ist halt kein Arzt

Seehofer blickt nach vorn im Zorn

Von Dominik Baur

Horst Seehofer ist auf Abschiedstour. Kurz vor seinem mutmaßlichen Umzug nach Berlin nimmt sich Bayerns Ministerpräsident die Zeit, noch mal Servus zu sagen. Am Mittwoch schaute er dafür im Münchner Presseclub vorbei. Der Termin war plötzlich anberaumt worden. Aber unter Zeitdruck schien der designierte Bundesinnenminister nicht zu sein. Er plauderte über dieses und jenes, zog Bilanz über seine Zeit als Ministerpräsident und blickte gut gelaunt über die Köpfe der Fragenden hinweg durchs Fenster direkt aufs gegenüberliegende Münchner Rathaus.

Als er auf die Kritik seines Vorgängers Thomas de Maizière angesprochen wird, wird sein Lächeln plötzlich dünn. „Ich will zu dem, was er gesagt hat, und wie es dann verbreitet wurde, schlicht schweigen.“ Es folgt eine Pause. „Und das ist gut für ihn.“

Es vergeht eine gute halbe Stunde, er spricht über Dirndl und das Schicksal von Martin Schulz, über Grüne und die dritte Startbahn. Und landet plötzlich ungefragt doch wieder bei de Maizière, dessen Namen er dazu aber nicht mehr in den Mund nimmt. De Maizière hatte jüngst bekannt: „Ich jedenfalls hätte mir diese Breite des Ressorts, wie die CSU sie anstrebt, nicht zugetraut.“

Wen die Größe des Ministeriums abschrecke, der dürfe halt nicht in die Politik, konterte nun Seehofer. Natürlich habe er Respekt vor der Aufgabe, aber „keinen Bammel“. Und auf de Maizières Einwurf, es sei hilfreich, wenn der Innenminister Jurist sei, meinte Seehofer: „Für die fachlichen Details haben Sie Juristen.“ Denen könne ohnehin kein Politiker das Wasser reichen. Aber: Er kenne das ja alles schon. Als er Gesundheitsminister geworden sei, habe man ihm auch vorgehalten, dass er kein Arzt sei.

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