: Hülle, Hülle, Hülle!
Die Ökobilanz spielt auch bei der Verpackung eine relevante Rolle – sagt jeder zweite Verbraucher und ließe sich das was kosten. Das geht noch nicht ohne Kompromisse
Von Ansgar Warner
Der Inhalt von Naturkosmetik ist natürlich, na klar, doch was ist eigentlich mit der Verpackung? Tja. Auch Naturkosmetik muss natürlich irgendwie zum Kunden kommen, ob nun im Tiegel, in der Tube oder im Airless-Spender. Doch die Ökobilanz der Verpackung hat weitaus mehr Facetten als nur die Frage: Plastik oder nicht Plastik? Die Bloggerinnen von hauttatsachen.de haben vor einiger Zeit mal aufgezählt, was für Kriterien man da so anlegen kann.
So sollte die Verpackung zum Beispiel luftdicht und lichtgeschützt sein, damit sie konservierend wirkt und zusätzliche Konservierungsstoffe idealerweise überflüssig macht. Sie sollte sich zugleich auch gut entleeren lassen, damit der Inhalt so gut wie möglich genutzt werden kann. Zu schwer darf sie dabei nicht werden, um Energiekosten beim Transport zu sparen, und aus demselben Grund sollte sie am besten auch in Deutschland hergestellt werden.
Mit der Kriterienliste hielten die Haut-Blogger auf Kosmetik- und Verpackungsmessen Ausschau nach passenden Produkten und fanden? Nichts. „Leider mussten wir feststellen, dass unsere Kriterienliste doch sehr anspruchsvoll ist“, so die vorläufige Bilanz. Man muss also in der Praxis immer Kompromisse eingehen. Der beste Kompromiss könnte in diesem Fall, jedenfalls nach Meinung der Haut-Blogger, ein Airless-Spender aus Polypropylen sein, der sich leicht recyceln lässt, wenig wiegt und luftdicht ist, also Kosmetika gut vor dem frühen Verfall schützt.
Neben solchen Plastikverpackungen sind auch Aluminiumtuben in der Kosmetikindustrie noch sehr beliebt – sorgen sie doch für perfekten Schutz vor Licht und Luft und garantieren gute Restentleerung. Am Material selbst freilich scheiden sich die Geister, vor allem, weil der Ressourcenverbrauch bei der Herstellung immens hoch ist und die Recyclingquote vergleichsweise niedrig. Zugleich gibt es auch Befürchtungen, Aluminiumreste könnten auf die Inhalte übergehen und so in den Körper gelangen. Verpackungen aus oder mit Aluminium, ob Dosen, Tuben, Kartons, Beutel oder Blister, sind überwiegend beschichtet oder lackiert. Dies verhindert Korrosion und gewährleistet, dass das Metall unbedenklich funktioniert“, behauptet dagegen der Gesamtverband der Aluminiumindustrie. Tatsächlich gelangen Spuren des Leichtmetalls dem Bundesinstitut für Risikobewertung zufolge in puncto Verpackung vor allem durch unsachgemäße Verwendung von Alufolien oder Alu-Menüschalen bei der Essenszubereitung in den Körper, etwa bei zu sauren oder zu salzigen Speisen. Weitaus wichtiger ist es deswegen, dass die Kosmetik selbst frei von Aluminiumzusätzen ist – ein besonderes Problemfeld sind zum Beispiel Aluminiumsalze in Deodorants.
Deutlich umweltfreundlicher als Plastik oder Aluminium sind Glasverpackungen, nicht nur bei der Herstellung, sondern auch bei der Entsorgung – solange sie in der Altglastonne recycelt oder im Rahmen eines Mehrwegsystems genutzt werden. Manche Naturkosmetikhersteller bieten zudem wiederbefüllbare Metallhülsen an und in Kombination dazu spezielle Refill-Gebinde, die nur zum Transport genutzt werden.
Die Sensibilität der Kunden für solche Konzepte steigt: Nachhaltigkeit bei Verpackungen spielt schon für jeden zweiten Verbraucher eine wichtige Rolle, zeigte kürzlich eine repräsentative Studie der STI Group – der Verpackungs- und Warenpräsentationshersteller zählt viele große Marken wie auch Handelskonzerne zu seinen Kunden.
Die besondere Wertschätzung für Themen wie Recyclingfähigkeit oder Umweltfreundlichkeit hat auch Auswirkungen auf die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher. Die Studienteilnehmer äußerten die Bereitschaft, bei einem angenommenen Warenpreis von 2,50 Euro durchschnittlich 30 Cent – also 12 Prozent – mehr auszugeben, wenn das Produkt nachhaltig verpackt war. Jeder zehnte würde sogar einen Mehrpreis von einem Euro akzeptieren.
Das sind gute Nachrichten, gerade auch für den weiteren Vormarsch von Naturkosmetik in Richtung Massenmarkt scheint eine Voraussetzung zu sein, dass Inhalt und Verpackung nicht in einem eklatanten Widerspruch stehen. Im kleinen Rahmen werden allerdings auch schon ganz andere Alternativen ausprobiert – nämlich die verpackungsfreie Kosmetik: Bei diesem Konzept bringt der Kunde selbst ein Behältnis mit, das er (wieder-)befüllt. Je flüssiger ein Produkt, desto schwieriger wird das Ganze allerdings. Auch aus hygienischen Gründen eignen sich feste Produkte wie Tabs oder Pulver besser für die „lose“ Abgabe.
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