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Selber streiten, selber vertragen

Die Schule in der Vahr ist eine von fünf Grundschulen in Bremen, in denen der Verein „!Respect“ Trainings für selbstständiges Konfliktlösen durchführt. Vorher müssen die Kinder lernen, Grenzen zu erkennen

Von Teresa Wolny

Den Ärger, die Wut einfach am eigenen Arm hinunter streichen, statt auf Konfrontationskurs zu gehen: „Elefantenhaut“ nennt Björn Rudolph, Trainer beim Verein „!Respect .e.V.“ das. Und mit Methoden wie dieser will sein Verein in Trainings für Schulklassen den Kinder auf spielerische Weise ein respektvolles Miteinander beibringen.

Ein zentrales Element in diesem Konzept ist die „Stopp-Regel“, die Konflikte lösen oder gar vermeiden soll. Laut Kirsten Ehrhorn, Schulleiterin der Schule in der Vahr, hat sich ihre Schule mittlerweile auf diese Regel verständigt, bei der die Kinder lernen sollen, Konflikte zunächst selbst zu lösen, bevor im Zweifelsfall ein Erwachsener hinzugezogen wird. Rudolph betont, wie wichtig es sei, dass die Übungen regelmäßig von den Lehrkräften wiederholt werden, damit das deeskalierende Verhalten internalisiert wird .„Wir wollen die Kinder über die Bewegung zum Sprechen bringen“, sagt er.

Nicht nur für Kinder, deren Muttersprache nicht deutsch ist, ist es wichtig, in bestimmten Situationen die richtigen Worte parat zu haben. Dass es wichtig sei, Grenzen zu setzen, sagt auch Dorothee Torbecke, Lehrerin an der Schule in der Vahr und im letzten Halbjahr Leiterin der dortigen „Piratinnen-AG“. Ihrer Meinung nach passt eine solche Grenzziehung gut mit der Konfliktlösung zusammen, beide Konzepte bauen aufeinander auf: „Man braucht erstmal ein Bewusstsein für eine Grenze, um sich für diese Grenze einsetzen zu können.“ Besonders Mädchen falle dies nicht immer leicht, sie hätten Schwierigkeiten, diese Grenzen zu spüren und Positionen zu verteidigen. Ist dieses Bewusstsein vorhanden, funktioniere auch der Umgang mit Konflikten besser.

Björn Rudolph und vier weitere Trainer sind in ganz Deutschland unterwegs, bundesweit haben bereits 80 bis 100 Schulen teilgenommen, so der Verein, der auf Stiftungsgelder und private Förderer angewiesen ist. Der Erziehungsprozess, der früher noch zum Großteil in den Elternhäusern stattgefunden habe, werde heute mehr und mehr auf die Schulen abgewälzt, so Oliver Henneke, Vorstand von Respect. Da dies häufig auch aus Zeitmangel der Eltern geschehe, sind es keineswegs ausschließlich Schulen in sozialen Brennpunkten, die Trainings für ein respektvolles Miteinander anbieten.

Dass das Programm zwar nicht ausschließlich, vermehrt jedoch an Grundschulen durchgeführt wird, ist dabei kein Zufall, denn es ist auf Nachhaltigkeit angelegt. Zusätzlich zu Fortbildungen für LehrerInnen und Elternabenden werden für jede Klasse Wiederholungskurse angeboten. Je öfter dies geschieht, desto mehr lernen die Kinder auch untereinander. Denn: „Kinder lernen am intensivsten voneinander“, sagt Henneke.

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