: Loyale Milizen durch die Hintertür
Laut UN-Beschluss soll der Präsident der Elfenbeinküste seine Milizen auflösen. Der Termin ist verstrichen, passiert ist nichts. Stattdessen versucht Laurent Gbagbo Sicherheitsfirmen unter seine Kontrolle zu bringen, um dort seine Truppen zu rekrutieren
VON FRANÇOIS MISSER
Das politische Klima in der Elfenbeinküste verschlechtert sich. Der durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrats zur Auflösung seiner Milizen verpflichtete Präsident Laurent Gbagbo wird von der Opposition beschuldigt, lokale Sicherheitsfirmen unter seine Kontrolle bringen zu wollen. Sein Ziel: die Rekrutierung loyaler Eingreiftruppen. Vier „patriotische“ Milizen, die der Partei des Präsidenten nahe stehen, darunter die Ivorische Volksfront, sollten bis Ende August aufgelöst werden. Bislang gibt es dafür keine Anzeichen. Die Opposition unterstellt dem Präsidenten, er habe dem Termin nur zugestimmt, um sich weiter regierungstreue Milizen zu sichern. Diese soll vor den für Oktober geplanten Wahlen Oppositionelle einschüchtern. Nach Säuberungen in der Armee, in der massiv Angehörige der Bété-Ethnie des Präsidenten anheuern, wird diese ebenfalls zum Instrument der „Bevorzugung bestimmter Ethnien“, das Bewohner aus dem Norden und Muslime an den Rand drängt.
Im Juni hatten die Opposition versucht, Südafrikas Vermittler; Präsident Thabo Mbeki, auf einen anderen Aspekt der Strategie Gbagbos aufmerksam zu machen. Sie erklärten, dass der Präsident und seine Hintermänner Sicherheitsfirmen erwerben, deren Männer Waffen tragen dürfen. Wenn die Befürchtungen sich bestätigten, würde Gbagbo über eine 35.000 Mann starke Wachtruppe verfügen, berichtet die Tageszeitung Ouest-France. Deren Reporter Phillipe Chapleau sprach von einer „Operation zur Tarnung von Pro-Gbagbo-Milizen in diesen Firmen.“ Dies alarmierte sogar das französische Militär und die UNO, denn die „patriotischen“ Milizen waren in den vergangenen Jahren an unzähligen Morden und anderen Verbrechen beteiligt. Unter den Sicherheitsfirmen, die sich Gbagbo über Strohmänner aneignete, ist auch die ursprünglich Schweizerische „Buring Guardian Security Partner“ (BGSP), die dem Feldherrn Anselme Séka Yapo alias „Séka Séka“ gehört. Dieser sei für den persönlichen Schutz von Gbagbos Frau Simone verantwortlich, so Chapleau.
Eine gängige Methode, um die Kontrolle über die Abidjaner Sicherheitsfirmen zu übernehmen, bestehe darin, sie ständig mit Kontrollen von Finanzamt und Arbeitsbehörde zu drangsalieren, so Chapleau. Mehrere Sicherheitsfirmen fielen danach in die Hände von Gbagbo-nahen Leuten, darunter die Firma Omeifra, die jetzt auch Séka Séka gehört. Die Zeitung Le Patriote, die dem Expremier und Gbagbo-Gegner Alassane Ouattara nahe steht, berichtete, dass Simone Gbagbo Omeifra über einen Strohmann für rund eine Million Euro gekauft habe. Überdies gehöre Innocent Sékongo, Chef der „Akademie für private Sicherheit“ (ASP) und Beauftragter für die Ausbildung des Wachpersonals, zum Gbagbo-Klan.
Aufgeschreckt durch die Gewaltbereitschaft der Milizen, befürchtet das französische Militär, das legale Unternehmen benutzt werden könnten, um die Opposition oder die Französische und Libanesische Gemeinde, die oft auf die Dienste solcher Sicherheitsfirmen zurückgreifen, zu destabilisieren.
Dem Präsidenten einen Strich durch die Rechnung machen könnte der Exarmeesprecher Jules Yao Yao. In einem offenen Brief vom 15. August beschuldigte er Séka Séka, Expräsident Robert Guéi ermordet zu haben. Yao Yao bezieht sich auf einen UN-Menschenrechtsbericht, der auf eine Untersuchung des UNO-Kommissars für Menschenrechte, Bertrand Ramcharan vom Dezember 2002, gefolgt war.
Zudem reagierten die Beschuldigten. In einer öffentlichen Erklärung vom 18. Juli sagte Alain Toussaint, Simone Gbagbos Kommunikationsberater, dass sie nichts mit diesen Firmen zu tun hätte. Das Ganze sei eine Verleumdungskampagne. Patrick Duron, Generaldirektor von BGSP, streitet Verbindungen zur Präsidentengattin ab. Auch ASP-Chef Innocent Sékongo sagt, er kenne Séka Séka nicht.
Übersetzung aus dem Französischen: Jakob Neu
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