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Nach Trumps Jerusalem-EntscheidungErdogans rote Linie

Für den türkischen Staatspräsidenten ist Israel ein Besatzungsstaat. Er fordert, Jerusalem als besetzte Hauptstadt der Palästinenser anzuerkennen.

Erdogan (Mitte) bei der Eröffnungs des Gipfels der Organisation für Islamische Zusammenarbeit Foto: ap

Istanbul dpa/afp/rtr | Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat zur internationalen Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt eines Palästinenserstaates aufgerufen. Bei dem von ihm einberufenen Sondergipfel der Organisation für Islamische Kooperation (OIC) sagte Erdogan am Mittwoch in Istanbul: „Von hier aus lade ich alle Länder, die für internationales Recht und Gerechtigkeit eintreten, dazu ein, Jerusalem als die besetzte Hauptstadt des palästinensischen Staates anzuerkennen.“

Dieser Schritt dulde keinen Aufschub. Die islamischen Staaten würden niemals „die Forderung nach einem souveränen und unabhängigen Palästina mit Jerusalem als Hauptstadt“ aufgeben.

Erdogan nannte Israel erneut einen „Besatzungsstaat“ und einen „Terrorstaat“. US-Präsident Donald Trump forderte er dazu auf, die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels umgehend rückgängig zu machen. Dabei handele es sich um einen „äußerst falschen, provokativen und rechtswidrigen Schritt“, sagte Erdogan. Mit seiner Entscheidung habe Trump Israel „für all' seine terroristische Aktivitäten“ belohnt, sagte Erdogan.

„Jerusalem ist unsere rote Linie.“ Die OIC ist ein Zusammenschluss von 57 Staaten und versteht sich als „kollektive Stimme der muslimischen Welt“. Erdogan hat derzeit turnusgemäß den OIC-Vorsitz inne und hatte den Gipfel vergangene Woche einberufen, um über eine konzertierte Reaktion auf die kontroverse Entscheidung von US-Präsident Donald Trump zur Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels zu beraten.

Trumps vor einer Woche verkündeter Beschluss hatte in vielen muslimisch geprägten Ländern zu Protesten gegen die USA und Israel geführt. In den Palästinensergebieten kam es zu Ausschreitungen. Auch in Europa hatte Trumps Entscheidung Kritik und Demonstrationen hervorgerufen. Die internationale Gemeinschaft verlangt, den Status der Stadt in einem Friedensvertrag auszuhandeln. Israel hatte Ost-Jerusalem 1967 erobert und später annektiert. Dies wird von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt. Die Palästinenser beanspruchen Ost-Jerusalem als Hauptstadt ihres künftigen Staates.

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13 Kommentare

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  • Da es hier immer so große Unsicherheit darüber gibt, was legitime Israelkritik und was Antisemitismus ist, sei zur Klarstellung mitgeteilt:

    Die Behauptung, es gäbe eine israelische Doktrin zur Außenpolitik, derzufolge Israel-Kritiker zu "vernichten" sind (siehe Kommentar von NICO FRANK), ist eindeutig antisemitisch.

    • @kdw59:

      Normalerweise antworte ich auf solche unsachlichen Kommentare nicht. Es ist nicht meine Behauptung, sondern ich habe konkret mich auf den französische Außenminister Roland Dumas a.D. bezogen. Dumas Angabe über die israelische Doktrin zur Außenpolitik können Sie im Wortlaut selbst unter Youtube sehen.

      Seit wann ist bitteschön das Zitieren eines französische Außenminister`s Antisemitismus?

      Auch Emmanuel Macron hat das Jerusalem – Desaster als völkerrechtswidrig und als Verstoß gegen die entsprechenden UNO Resolutionen festgestellt.

      Ist jetzt Emmanuel Macron ein Antisemit? Ist der jene der Emmanuel Macron zitiert auch ein Antisemit?

       

      Immer diese kläffenden Beißreflexe! Sowas von Gäähhn!

      • @Nico Frank:

        Sie greifen immer wieder in die Kiste mit den antisemitischen (ziemlich angestaubten) Klassikern und beklagen sich, dass man Sie beim Bedienen antisemitischer Klischees entlarvt.

        • @Nicky Arnstein:

          Tja, so schlau sind Antisemiten in der Regel eben nicht, dass sie sich selbst als solche erkennen würden.

  • Das Bild das die anwesenden Protagonisten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) zeigt, bildet Erdogan in der Mitte ab und stellt so das Zentrum des Bildes dar. Erdogan genießt in der OIC ein großes Ansehen und wird von der überwiegenden Anzahl seiner Mitglieder auch als der Führer der Gruppe anerkannt. Der Umgang unserer Politiker mit Erdogan und vieler anderer in der EU zeigt die Arroganz ihres Verhaltens.

     

    Das beispiellose Erdogan-Bashing der letzten 15 Monate wird m.M. nach nur aus einem Grund so massiv betrieben. Erdogan ist ein kompromissloser Israel-Kritiker. Auch seine Regierungsmitglieder gehören dazu. Die israelische Doktrin zur Außenpolitik sieht vor, wie mit solchen Kritikern umzugehen ist. Darin ist deren Vernichtung festgelegt (Quelle: französische Außenminister Roland Dumas).

    Die Medienkonzerne von Frau Friede Springer oder Rupert Murdoch bekennen sich bedingungslos zu Israel und wenn dann ein Präsident wie Erdogan Israel kritisiert, gilt er als Feind Israels, der vernichtet gehört. Das ist der Hintergrund, weshalb das Erdogan-Bashing besonders d.d. Springer und Murdoch Konzerne so massiv ist wie bei keinem anderen Politiker auf der Welt ausgefallen ist.

     

    Und eines noch, nachdem Jerusalem quasi als Geschenk den Israels durch Trump überlassen wurde und man eine Steuerreform in den USA auf den weg gebracht hat, die das große Kapital bevorteilt wie noch nie in der Geschichte der USA, kann jetzt wirklich grenzenloses Happy Canukah gefeiert werden.

    Ausfluss dieser Politik von Donald Trump wird sein, dass das Trump-Bashing in den Medienkonzernen ab 2018 massiv abnehmen wird.

    • @Nico Frank:

      "Das beispiellose Erdogan-Bashing der letzten 15 Monate wird m.M. nach nur aus einem Grund so massiv betrieben. Erdogan ist ein kompromissloser Israel-Kritiker."

       

      Klar und deswegen sperrt er alle Journalisten ein, damit er "kompromisslos" Israel-Bashing betreiben kann.

  • Man sollte sich damit abfinden dass islamische Führer wie Erdodan aufgrund vermeintlicher göttlicher Erleuchtung die vernunftbegründete irdische Sphäre längst verlassen haben.

  • Rote Linien sind ohne Wert, wenn man nicht in der Lage ist die erforderlichen Konsequenzen einzuleiten, sobald die selbst gesteckte „rote Linie“ überschritten wird. Erdogan sollte deshalb schweigen. Israel ist eine Atommacht und verfügt über ca. 220 Atombomben. Solange die Türkei und ihre Verbündeten in Hinblick auf die atomare Bewaffnung Israels nicht nachziehen, sollten sie einfach den Mund halten, , statt substanzlose Drohungen auszusprechen.

    • @Nico Frank:

      Mit Verbündete meinen Sie die OIC und die sollten mindestens 220 Atombomben bekommen ?

    • @Nico Frank:

      Pakistan eines der Gründungsmitglieder der OIC und enger Verbündeter der Türkei ist ein Atommacht. Nur hat sowieso niemand vor Palästina mit Atombomben in Schutt und Asche zu legen. Ansonsten hat Istanbul allein mehr Einwohner als Israel. Einen Krieg gegen die OIC würde Israel diesmal nicht so leicht gewinnen wie damals gegen die Araber. Währen da nicht Verräter wie der Putschistische Diktator Sisi und die Saudische Königsfamilie.

    • @Nico Frank:

      Die Türkei und ihre Verbündeten? Sie wissen aber schon, dass die Türkei NATO-Mitglied ist, oder? Soll also die NATO atomar aufrüsten, um sich gegen Israeli zu schützen oder mit Israel mitzuhalten? Sie wissen aber schon, dass zahlreiche NATO-Mitgliedsstaaten Verbündete Israels sind und auch militärisch mit Waffen beliefern?

      Und woher kennen Sie die Stückzahl atomarer Sprengköpfe Israels und welche Rolle spielt es, ob Israel ca. 220 oder nur ca. 10 hätte? Fragen über Fragen wie immer, wenn Sie etwas in den Raum stellen.

      • @Nicky Arnstein:

        Sicher irgendwo gelesen, da Israel offiziell nichts dazu sagt, gibt es da ja verschiedene Schätzungen. SIPRI hat im Factbook 2017 80 Atomsprengköpfe angegeben.

  • Jetzt hetzt Erdogan, der schon länger die Hamas hofiert, wieder mal gegen Israel. Ich hoffe, die in Deutschland lebenden Türken, von denen die meisten Pro-Erdogan sind, lassen sich nicht aufhetzen, denn sonst dürfte es bald ungemütlich für deutsche Juden und in Deutschland lebende Israelis werden.