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Trumps veralteter Begriff von Sicherheit

US-Präsident Donald Trump hat seine erste Nationale Sicherheitsstrategie vorgelegt. Tenor: alte Stärke durch Miiltär, Abschottung und wirtschaftliche Deregulierung

Trump: „Frieden und Stabilität durch Abschreckung“ erhalten, deshalb Atomwaffen

Von Bernd Pickert

US-Präsident Donald Trump hat am Montag seine Nationale Sicherheitsstrategie vorgestellt. Dazu ist jeder Präsident aufgrund eines vor über drei Jahrzehnten getroffenen Kongressbeschlusses verpflichtet. Das Dokument ist nicht bindend, erläutert die Weltsicht einer Regierung und findet in der Regel nur unter Experten Beachtung.

Im Unterschied zu all seinen Vorgängern der letzten Jahrzehnte jedoch nutzte Trump die Veröffentlichung des Dokuments, um in einer landesweit übertragenen Ansprache im monumentalen Washingtoner Ronald-Reagan-Building seine eigene Version dessen zu präsentieren, was seine Sicherheits- und Außenpolitikexperten da aufgeschrieben hatten. Und das ist im wesentlichen: America First, basierend auf vier Säulen: 1) Heimatschutz durch Grenzsicherung und Migrationskontrolle 2) Ausbau und Modernisierung der US-Militärmacht 3) Wirtschaftliche Prosperität durch bessere Außenhandelsbedingungen, Steuersenkungen und Deregulierung und 4) Ausdehnung des US-amerikanischen Einflusses durch Diplomatie und Entwicklungshilfe.

Während die ersten drei Säulen einigermaßen durch die bisherige Praxis der Trump-Regierung gedeckt sind, passt der vierte Punkt keineswegs zu Trumps bisheriger Amtsführung. Denn das für die Diplomatie zuständige Außenministerium ist von Haushaltskürzungen um fast 30 Prozent bedroht, und die unbesetzten Stellen im Ministerium gehen inzwischen in die Hunderte, von Botschafterposten bis Referatsleitungen.

Trumps Rede erinnerte in großen Teilen eher an einen Wahlkampfauftritt als an eine reflektierte Betrachtung der Welt. Mehrfach begeisterte sich Trump erneut über seinen Wahlsieg im November 2016, erinnerte an seine Erklärung bei der Amtseinführung im Januar, dies sei der Tag, an dem das amerikanische Volk wieder die Macht übernommen habe und lobte sich selbst für den Aufschwung am Aktienmarkt und das gestiegene Wirtschaftswachstum.

Was in seiner Rede nicht vorkam: Globale Bedrohungen wie Armut oder Klimawandel. Sein Amtsvorgänger Barack Obama hatte in seiner letzten Nationalen Sicherheitsstrategie von 2015 dezidiert auf solche Gefahren hingewiesen – über ein Dutzend Verweise fanden sich darin auf den Klimawandel als internationales Sicherheitsproblem. Trump hingegen erwähnt den Klimawandel gar nicht – stattdessen heißt es, dass die USA endlich wieder anfangen müssten, ihre eigenen Interessen ernst zu nehmen, die durch so etwas wie das „unfaire und teuere“ Pariser Klimaschutzabkommen bedroht seien.

So seien die USA endlich dabei, ihre eigenen Energieressourcen zu nutzen, indem unnütze Regulierungen abgeschafft würden. Tatsächlich hat Trump per Dekret zahlreiche Umweltschutzmaßnahmen zugunsten verstärkter Öl- und Kohleförderung gestrichen.

Russland und China erklärt das Papier zu den neuen Konkurrenten der USA um die wirtschaftliche, politische und militärische Vormachtstellung in der Welt. Aber während in dem Dokument durchaus differenziert auf die mutmaßlichen Einmischungsversuche Russland in die US-Wahlen von 2016 eingegangen wird, erwähnte Trump das in seiner Rede mit keinem Wort. Stattdessen betonte er die Bedeutung guter Zusammenarbeit mit den beiden Konkurrenten und berichtete von einem Telefonat mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin wegen der erfolgreichen geheimdienstlichen Zusammenarbeit, die einen großen Anschlag in St. Petersburg verhindert habe.

Auch auf militärischem Gebiet grenzt sich Trump deutlich von seinem Vorgänger ab. Während Barack Obama schon in seiner ersten großen außenpolitischen Rede in Prag 2009 sein Ziel einer atomwaffenfreien Welt vorgestellt hatte – selbst wenn auf die Rede dann nicht viel folgte – definiert Trumps Sicherheitsstrategie die US-Atomwaffen als „Grundlage unserer Strategie, Frieden und Stabilität durch die Abschreckung vor jedweder Aggression gegen die Vereinigten Staaten, unsere Verbündeten und unsere Partner zu erhalten“.

Gerade solche Sätze brachten Trump unter US-Kommentatoren die Kritik ein, er kehre zu einer Weltsicht des Kalten Krieges zurück, die nicht mehr in die heutige Welt passe. Und die frisch gebackenen Friedensnobelpreisträger der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) kritisierten Trumps Ansatz sofort. ICAN-Vorstandsmitglied Xanthe Hall sagte: „Wir erleben ein deutliches Rollback im Bereich Atomwaffenpolitik. Andere Staaten – darunter auch Deutschland – müssen sich von dieser Politik distanzieren, indem sie dem Vertrag über ein Verbot von Atomwaffen beitreten.“

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