piwik no script img

Christo in Hannover

Auf Geheiß des Landtagspräsidenten verhüllen die Grünen Wahlplakate auf ihren Fraktionsfluren

Berlin, New York – und natürlich Hannover. Diese Städte verbindet jetzt nicht mehr nur ihre überbordende Kosmopolität. Die oft zu unrecht verhöhnte Schöne an der Leine hat jetzt zudem ihren Christo – zumindest könnten die Verhüllungen in den Fluren der Landtagsfraktion der niedersächsischen Grünen äußerst Wohlmeinende an den Reichstag oder die Tore im Central Park erinnern.

Es war fast klar, dass auch die Grünen in dieser mit immer mehr Wahnsinn vorpreschenden Vor-Wahlwoche nicht mehr in einer ganz besonders drängenden Frage inne halten konnten. Und so präsentierte Fraktionschef Stefan Wenzel gestern seine Lösung im Streit um die etwa 30 Plakate und Fotos, die seit Jahren in den Fraktionsfluren hängen.

Besucher merken schnell, wo sie gelandet sind, wenn sie die Grünen besuchen: Sonnenblumen, Plakate und Fotos mit Rebecca Harms oder Jürgen Trittin, über das Celler Loch oder Gorleben prangen an den Wänden. Genau das stört den Hausherrn: Die Fraktionsräume seien den Landtäglern nur „zu einer vorübergehenden Nutzung zugewiesen“ und müssten deshalb – wie in anderen Parlamenten üblich – von „jeglichen einseitig vereinnahmenden Parteibezügen frei gehalten werden“, meint Landtagspräsident Jürgen Gansäuer. Der CDU-Mann hatte auch der CDU-Fraktion verwehrt, ihren Flur mit Plakaten zu pflastern.

Gestern schlug Wenzel vor, die Grünen-Fotos weiter hängen zu lassen. Dagegen will er die Wahlplakate mit weißen christoartigen Tücher verhüllen. Zum Beispiel das mit dem Slogan „Lieber Humphrey Bogart in Casablanca als Ernst Albrecht in Hannover“. Damit, so Wenzel, setze man die Wahlwerbung „nicht mehr dem zufälligen Blick von Besuchern und Abgeordneten anderer Fraktionen“ aus, sondern gebe „jedem die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob man sich dem Motiv gewachsen fühlt.“ ksc

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen