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Kinder stärken

Kriegstraumata sind hart, besonders für die Kleinen. Für LehrerInnen und HelferInnen gibt es inzwischen besondere Ausbildungen. Aber auch die Angehörigen brauchen Hilfe

Lehrer müssen sensibel für das traumatisierte Kind sein

Von Alina Schwermer

Die Flüchtlingsambulanz am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) ist eines der Gebäude, in denen kriegstraumatisierte Kinder und Jugendliche Hilfe bekommen können. Ein Team aus Ärzten, Psychologen, Psychotherapeuten und vielen anderen Spezialisten kümmert sich dort schwerpunktmäßig um Traumafolgestörungen bei Flüchtlingskindern – ein Problem, das durch den Flüchtlingszustrom noch näher gerückt ist.

Viele Menschen, etwa ErzieherInnen in der Kita, LehrerInnen oder SozialarbeiterInnen in Integrationsprojekten, sind jetzt häufiger mit Kindern und Jugendlichen konfrontiert, die durch Krieg und Vertreibung geprägt und möglicherweise traumatisiert wurden. Für normale Pädagogen kann der Umgang mit solchen Fällen überfordernd sein. Wie und wo also kann den Kindern geholfen werden? Und was können wir tun?

Als häufigste Folgen einer Kriegstraumatisierung bei Kindern und Jugendlichen gelten Angststörungen, Schlafstörungen und Depressionen. Auch Albträume oder ständige Erinnerungen an Kriegserlebnisse können Zeichen eines Traumas sein.

„Es gibt eine ganze Reihe von Kindern, die eine posttraumatische Belastungsstörung ausbilden“, sagt Sarah Inal, Projektleiterin bei der Stiftung Children for Tomorrow, die Kindern in vielen Projekten beim seelischen Wiederaufbau hilft und auch die Hamburger Flüchtlingsambulanz mitfinanziert. „Andere gehen eher in die depressive Richtung. Bei manchen Kindern ist das Trauma sehr auffällig; sie werden etwa im Unterricht schnell wütend oder zeigen Konzentrationsstörungen. Andere ziehen sich eher sozial zurück.“

Solche Störungen können im Laufe der Jahre chronisch werden, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden. Weil Kinder und ihre Familien selten von sich aus Hilfe suchen, ist es deshalb wichtig, sie zu erkennen.

Vor allem in der Fremde können Traumata, wie der Psychologe Gernot Brauchle in seinem Essay „Kriegstraumatisierte Kin­der und Jugendliche“ erläutert, weitreichende Folgen für die soziale und kognitive Entwicklung von Kindern haben. Das Kind fühlt sich im doppelten Sinne als Außenstehender und nimmt möglicherweise eine Opferidentität an. Die Eltern, die selbst Schreckliches erlebt haben, überspielen oder verdrängen die Symptome der Kinder, weil sie Nachteile oder sogar Abschiebung befürchten. Oder sie sind schlicht damit überfordert.

„Die Eltern sind oft selbst so belastet, dass sie gar nicht wissen, dass ihren Kindern geholfen werden könnte“, so Inal. So können Kriegstraumata über Jahre unerkannt bleiben. Wer als Pädagoge mit einem möglicherweise traumatisierten Kind zusammenarbeitet, sollte sich deswegen unbedingt an Experten wie die Therapeuten des UKE wenden. Erste Einschätzungen kann auch ein Schulpsychologe geben.

„Das Wichtigste ist: Lehrer müssen ein Trauma nicht erkennen“, erklärt Inal. „Sie müssen nur sensibel dafür sein, wenn es einem Kind nicht gut geht. Wenn ein Flüchtlingskind zum Beispiel Konzentrationsstörungen hat, häufig zu spät kommt oder sich aggressiv verhält, sollte man genauer hinsehen, statt es in eine Schublade zu stecken.“ Beim neuen Projekt „HonigHelden!“ gehen die Helfer, um die Wege zu verkürzen, direkt an Schulen und wählen die Kinder aus. So wollen sie auch vermehrt jüngere Kinder erreichen. Außerdem werden alle Lehrer an der Schule zwei Jahre in Bezug auf Kriegstraumata fortgebildet. Es geht nicht darum, die Lehrer zu Therapeuten zu machen. „Sie sollen besser wissen, wie man damit umgeht, wenn sich ein Kind zum Beispiel absolut aggressiv verhält“, so Inal.

Wer Interesse hat, kann sich etwa als LehrerIn, SozialarbeiterIn oder DolmetscherIn auch in Eigeninitiative im Bereich Kriegstraumata schulen lassen. Dazu gibt es Fortbildungsangebote beispielsweise der Flüchtlingsambulanz der UKE, aber auch an anderen Standorten, etwa beim KTI (Kinder Trauma Institut) in Offenburg oder dem Zentrum für Traumapädagogik der Welle gGmbH in Hanau. Bei Fortbildungen lernen die Teilnehmer, Symptome eines Traumas besser zu erkennen, und bekommen Strategien an die Hand, wie sie effizient helfen können.

Wer als Unbeteiligter spenden will, kann direkt ein Institut unterstützen, sich aber auch an einen der Vereine wenden, die sich für kriegstraumatisierte Kinder einsetzen, etwa Children for Tomorrow. Mehr zum Thema gibt es in dem im Jahr 2017 erschienenen Buch „Fremd und kein Zuhause: Traumapädagogische Arbeit mit Flüchtlingskindern“ von Martin Kühn und Julia Bialek.

Nicht nur traumatisierte, auch andere erkrankte Kinder benötigen Hilfe. Gerade bei schwerstkranken oder sterbenskranken Kindern ist die Belastung für die Familie extrem, weil sich nach der Diagnose meist alles nur noch um Arztbesuche und um das Kind dreht. Es bleibt wenig Zeit für Geschwister, wenig Zeit auch für die Familie, sich zu erholen. Und die Patienten selbst sind durch lange Fehlzeiten in der Schule von ihrem sozialen Umfeld isoliert.

Neben der Spende, um die Betreuung von schwerstkranken Kindern und ihren Familien zu unterstützen, an eine Stiftung oder an ein Kinderhospiz, können Engagierte auch direkter helfen. Viele Stiftungen und Hospize suchen Menschen mit Freizeit, die sich zum Familienbegleiter schulen lassen möchten. Die Ehrenamtlichen betreuen das Kind und die Geschwister, stehen den Eltern als Gesprächspartner zur Seite, entlasten sie und beraten die Familie bei Behördengängen, Konflikten oder Arztbesuchen.

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