piwik no script img

Streit über Rückkauf der EnergienetzeKein Konsens über die Fernwärme

Energienetzbeirat veröffentlicht seine Empfehlung für künftige Fernwärmeversorgung. Einige monieren, damit werde der Volksentscheid nicht richtig umgesetzt

Die Konkurrenz zu Gast: Die Boeing 747-200B „Air Force One“ soll bei Airbus landen Foto: Patrick Semansky/dpa

Der Energienetzbeirat wird am heutigen Mittwoch seine Empfehlung zur künftigen Fernwärmeversorgung abgeben. Dabei wird der Hamburger Energie-Tisch (HET), in dem sich die selbsternannten Anwälte des Volksentscheids zum Rückkauf der Energienetze organisiert haben, ein Minderheitenvotum abgeben.

Der HET sorgt sich, dass der Beirat, in dem Vertreter der Politik und der Zivilgesellschaft sitzen, die Tür für Fernwärme aus dem Kohlekraftwerk Moorburg offenhalten könnte, was dem Volksentscheid widerspräche. Am Freitag will der Aufsichtsrat von Vattenfall Wärme Hamburg (VWH) über das künftige Konzept entscheiden. Im Wesentlichen gibt es Streit über zwei Varianten für die Fernwärmeversorgung, mit denen die Wärme aus dem veralteten Kohlekraftwerk Wedel CO2-arm ersetzt werden soll: Die Umweltbehörde will dem Aufsichtsrat eine Südvariante vorschlagen, wobei ein Teil der Fernwärme aus Quellen südlich der Elbe nach Norden transportiert würde.

Der Energienetzbeirat unterstützt diese Variante, unter der Voraussetzung, dass keine Fernwärme aus dem Kohlekraftwerk Moorburg eingespeist wird, schließlich sollen die Hamburger ja möglichst mit erneuerbarer Energie versorgt werden. Das wäre auch im Sinne des grünen Umweltsenators Jens Kerstan.

Gilbert Siegler vom HET fragt sich allerdings, wie Kerstan sicherstellen will, dass nicht künftige Senate Fernwärme aus Moorburg zulassen, wenn schon mal die Leitung unter der Elbe gebaut ist. „Ich glaube den Grünen schon, dass sie das nicht wollen“, sagt Siegler. „Aber sie schaffen die Voraussetzungen dafür.“

Energienetze

Der Energienetzbeirat begleitet die Umsetzung des Volksentscheids zum Rückkauf der Energienetze.

Mitglieder sind Vertreter aller Bürgerschaftsfraktionen, je vier der Wirtschaft und der Umweltverbände, drei Arbeitnehmervertreter, zwei Vertreter der Wissenschaft, ein Vertreter der Verbraucherzentrale.

Ziel des Volksentscheids war „eine sozial gerechte, klimaverträgliche und demokratisch kontrollierte Energieversorgung aus erneuerbaren Energien“.

Stephan Gamm, der für die CDU-Bürgerschaftsfraktion im Energienetzbeirat sitzt, kann die Angst, dass Moorburg-Wärme ins Spiel kommen könnte, nachvollziehen. Deshalb habe der HET diese Variante kategorisch abgelehnt. „Das Dilemma ist, dass der HET seinen Volksentscheid damit nur zur Hälfte umsetzt“, findet Gamm. Denn im Text sei auch die Rede von einer „sozial gerechten“ Energieversorgung und die HET-Vorschläge seien teuer. „Was kostet es die Menschen, die in den Wohnungen leben“, fragt Gamm. „Um diese Antwort drückt sich der HET komplett.“

Der HET dagegen kritisiert, dass sich die Umweltbehörde geweigert habe, sein spezielles Nordszenario ernsthaft zu prüfen. Mit einem Antrag, der Energienetzbeirat möge ein entsprechendes Gutachten finanzieren, drang der HET nicht durch. Damit sei die fehlende Prüfung jetzt wenigstens aktenkundig, sagt Siegler.

Beirat will verbindlichen Verzicht auf Moorburg-Wärme

Die CDU hat immer wieder gefordert, Fernwärme aus Moorburg auszukoppeln, was dieses Steinkohlekraftwerk effizienter machen würde. Trotzdem würde wegen der nötigen Mehrleistung der CO2-Ausstoß des Kraftwerks steigen und zwar stärker als bei anderen Versorgungsvarianten, sagt Werner Beba, der Sprecher des Energienetzbeirats. In der Beschlussvorlage rät der Beirat deshalb dem Senat, dafür Sorge zu tragen, dass Moorburg nicht in die Fernwärmeversorgung eingebunden wird, und diesen Verzicht verbindlich zu erklären.

Die Südvariante der Umweltbehörde ermögliche es, das Kohlekraftwerk Wedel rasch zu ersetzen. Sie bestehe aus Modulen, die bei neuen technischen und regulatorischen Entwicklungen angepasst oder ausgetauscht werden könnten. Die Vorlage empfiehlt, die Einsatzplanung der verschiedenen Komponenten zu optimieren, die Temperatur im Netz zu senken und industrielle Abwärme einzubeziehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!