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Kolumne MittelalterDie All-in-One Kolumne

Am Ende wird es eng: Herbst, Jahresrückblick, Weihnachten, 2018 – alles will untergebracht werden. Und dann gibt es noch die SPD.

Alles kommt auf einmal, schon ab September heißt es: Weihnachten! Lebkuchen kaufen! Foto: dpa

D iese Kolumne erscheint aus Bequemlichkeitsgründen nur alle sechs Wochen – und jetzt komme ich natürlich in die Bredouille. Hier und heute müsste ich eigentlich die trübe Novemberstimmung würdigen – nur scheint draußen gerade eine strahlende Herbstsonne. Dieser Text müsste auch als Weihnachtskolumne funktionieren, aber die richtige besinnliche Stimmung mag sich noch nicht einstellen. Und sollte hier nicht auch der große Jahresrückblick 2017 und die Vorausschau auf das Großjubiläumsjahr 2018 stehen?

Aber das alte Jahr ist noch nicht zu Ende – wir haben nicht mal eine Regierung! – und das neue soll, mit all seinen Aufgaben, bitte noch nicht anfangen. Zudem hat diese Kolumne auch immer einen diffus aktuellen Auftrag, wobei die Herausforderung darin besteht, das große Geschehen im Individuellen zu spiegeln (immer mit der bekannten Voraussetzung: soweit Individualität vorhanden (dies nur als allgemeine Handreichung)).

Was das Tagesgeschehen betrifft, müsste diese Kolumne natürlich von der SPD handeln. Aber ich finde leider, dass wir allgemein zu viel über die SPD sprechen.

Vertrauensbruch – der SPD!

In Bezug auf die SPD könnte ich höchstens beisteuern, dass Gift-Schmidts Glyphosat-Entscheidung auch als Revanchefoul verstanden werden kann für die Herbeiführung der Entscheidung für die Ehe für alle im Bundestag durch die SPD – Sie erinnern sich, vor langer Zeit, noch mit „Martin! Martin!“, vor Wahlkampf und Bundestagswahl.

Unionsabgeordnete sprachen damals von einem „Vertrauensbruch“ – und man muss nicht zweimal raten, wie Christian Schmidt abgestimmt hat, ja, mit „nein“ natürlich. Und klar könnte man den Gedanken weiterführen, mit dem Hinweis, dass ein Revanchefoul fast immer als Tätlichkeit gewertet wird und nicht mit der Gelben, sondern streng genommen mit der Roten Karte zu bestrafen ist.

Allerdings – wer nimmt es denn schon noch streng? Welche Karte hätte etwa der ehemalige SPD-Kulturstaatsminister Michael Naumann verdient, der vergangene Woche in der FAZ von der, jawohl, „Erfolgsgeschichte“ der geschröderten SPD sprach?

Wir erinnern uns kurz: Als die SPD in den fernen 1990er Jahren noch als Sozialdemokratie antrat, kam sie immer auf deutlich über 30 Prozent der Stimmen; mit dem noch als SPD-Kanzler firmierenden Kandidaten Schröder 1998 sogar auf 40,9 Prozent.

Davon sind unter tätiger Mithilfe von Funktionären wie Michael Naumann 20,5 Prozent übrig geblieben, mit deutlicher Tendenz nach unten.

Ist Michael Naumann also „durchgeknallt“ (Michael Naumann) oder einfach ein Lobbyist wie Gift-Schmidt? Warum schließt ihn die SPD nicht einfach aus? Ist Naumann zu unwichtig, um ihm wenigstens die Gelbe Karte zu zeigen?

Jetzt bin ich doch bei der SPD hängengeblieben. Dafür ist die Sonne weg, heute Nacht soll es frieren, im nächsten Jahr jährt sich der Beginn des Dreißigjährigen Krieges und der einer sehr deutschen, träumerischen Revolution – die von Sozialdemokraten niedergemetzelt wurde.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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