: Schöne Arena für 24 Milliarden
Das Luschniki-Stadion in Moskau ist fertig für die Fußball-WM, aber anderswo hakt’s noch
Der neue Südeingang des ehrwürdigen Moskauer Luschniki-Stadions erinnert an die Lobby eines Luxushotels. Viel Glas, viel Raum, viel Licht. Eine großzügige Wendeltreppe schraubt sich durch verschiedene Ebenen bis in die VIP-Zone. Hinter den Pforten des Luschniki beginnt 2018 die Fußball-WM. Hier will Russland am 14. Juni ein Turnier anpfeifen, das für ein leistungsstarkes und hochmodernes Land stehen soll.
Nach vier Jahren Bauzeit hat Russland sein wichtigstes Stadion nun zurück. Aus dem historischen Olympiastadion sollte ein Fußballtempel werden, eine würdige Kulisse fürs Finale der WM, bei der Deutschland seinen Titel verteidigen will. Am Samstag eröffnet die russische Nationalmannschaft das von Grund auf erneuerte Luschniki-Stadion mit einem Testspiel gegen Argentinien. Architekt Murat Achmadijew ist stolz auf sein Werk. Die größte Herausforderung bestand darin, die monumentale Fassade von 1956 zu bewahren.
„Wir waren in der Höhe und in der Breite durch die historische Bausubstanz eingeschränkt“, sagte er bei einer Begehung Ende August. Die sandfarbenen Säulen an der Außenwand wurden gesäubert und restauriert, das alte Bild blieb so erhalten. „Aber was Sie hinter den Mauern sehen, ist nagelneu.“ Mit einem Tross von rund 1.500 Arbeitern hat der 57-Jährige dem Luschniki, das einst das Bild der Sportgroßmacht Sowjetunion prägte und Schauplatz der Olympischen Spiele 1980 war, zu seiner zweiten Geburt verholfen.
Tatsächlich ist die Arena kaum wiederzuerkennen. Die Laufbahn ist weg. Die Zuschauerränge sind näher ans Spielfeld gerückt und gehen fließend in den Rasen über. Selbst auf den oberen Rängen fühlt sich der Zuschauer relativ nah am Geschehen. Bequem sitzt es sich auf Kunstleder. Die erdigen Farbtöne der Sitze schaffen die Illusion einer marmorierten Wand. Weiter unten leuchten die Katakomben in frischem Weiß. Es riecht nach Farbe. „Das ist der Geruch des Neuen“, sagt Achmadijew.
Vor zwei Jahren hatte es noch viel Fantasie gebraucht, um sich das vorzustellen. Damals pflügten Bagger dort durch die Erde, wo heute Speziallampen den Rasen bestrahlen. Längst nicht überall laufen die Vorbereitungen für die WM so rund wie in der Hauptstadt. Erst Ende Oktober räumte Fußballverbandschef Witali Mutko Verzögerungen ein. Vor allem die Trainingsplätze seien nicht überall bereit – ein Wettbewerbsnachteil für manchen Standort, solange die Teams noch nach WM-Quartieren suchen, warnte Mutko.
Mit Ach und Krach war für den Confederations Cup im Sommer die Arena in St. Petersburg fertig geworden. Es gab Beschwerden über schlechten Rasen und undichte Stellen im Dach. Zudem gab es Vorwürfe über den Tod nordkoreanischer Arbeiter. Die Behörden wiesen diese zurück. In der Wolgastadt Samara fehlte im Stadion zuletzt noch der Rasen. Als ein Grund für Probleme gilt die tiefe Rezession der vergangenen Jahre. Mal kürzte die Regierung das WM-Budget deswegen, zuletzt erhöhte sie es wieder auf 678 Milliarden Rubel (10 Milliarden Euro).
Experten schließen Gesamtkosten von 30 Milliarden Euro nicht aus. Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin ist bei der Begehung des neuen Luschniki zufrieden. Der Umbau habe 24 Milliarden Rubel (350 Millionen Euro) gekostet, sagt er. Russische Medien hatten im Vorfeld deutlich höhere Kosten erwartet. „Das Luschniki ist ein sehr wichtiges Objekt. Es ist ein Symbol für Russlands Entwicklung“, sagt Sobjanin. Bleibt die Frage nach der Zukunft der Arena. Denn einem Verein ist das Luschniki nicht zugeordnet. „Wenn die Weltmeisterschaft vorbei ist, brauchen wir ein Zukunftsprogramm“, mahnt Bauleiter Achmadijew. (dpa, taz)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen