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Die kältesten Krieger

Das HKW beleuchtet die Rolle der CIA für die Kultur der 50er und 60er, die eigene Rolle beim Ausüben von Soft Power aber nicht

Die Hauptfigur oben rechts dürfte Robert McNamara sein, US-Verteidigungsminister während des Vietnamkriegs. Er kommandiert die große Einberufungsmaschine. Irving Norman: M. F. I. Complex, 1981Foto: Foto: Crocker Art Museum Association, Michael Rosenfeld Gallery

Von Tilman Baumgärtel

Im Juni 1950 wurde im Titania-Palast in Berlin (West) der Congress for Cultural Freedom (CCF) gegründet. Die Organisation, die ihren Sitz in Paris bezog, war zeitweise in 35 Ländern in Europa, Afrika, Lateinamerika und Asien aktiv. Sie organisierte Konferenzen, Seminare und Ausstellungen. Sie finanzierte renommierte intellektuelle Zeitschriften wie den Monat, der in Westdeutschland von Melvin Lansky herausgegeben wurde, Partisan Review aus New York, Encounter aus Großbritannien und Black Orpheus aus Nigeria. Sie unterstützte Künstler und Autoren mit Stipendien und Preisen.

An den Aktivitäten des CCF für kulturelle Freiheit beteiligten sich angesehene Autoren, Künstler und Intellektuelle aus aller Welt. Zum Berliner Gründungskongress waren Karl Jaspers, John Dewey, Arthur Koestler und Tennessee Williams angereist; später waren Günther Grass, Heinrich Böll, Siegfried Lenz, Wole Soyinka und W. H. Auden für den CCF aktiv.

Was nur den Wenigsten von ihnen klar gewesen dürfte: Der Kongress für kulturelle Freiheit wurde vom CIA aufgebaut und über eine Reihe von fadenscheinigen Stiftungen finanziert. 1966 berichtete zuerst die New York Times über die Verbindungen, 1967 konnten Berichte in der Saturday Evening Post und der Zeitschrift Ramparts überzeugende Beweise liefern. Der Kongress wurde aufgelöst; die Künstler und Intellektuellen, die mit ihm kooperiert hatten, standen plötzlich wie naive Lakaien der USA dar.

Zum 50-jährigen Jahrestag der Enttarnung zeigt das Haus der Kulturen der Welt (HKW) die Ausstellung „Parapolitik: Kulturelle Freiheit und Kalter Krieg“. Sie thematisiert die amerikanischen Bemühungen um „Soft Power“ und die kulturelle Lufthoheit in den 50er und 60er Jahren. Das Haus arbeitet damit auch ein Stück eigener Geschichte auf: Die Errichtung der Kongresshalle, in der sich das HKW befindet, wurde als „Leuchtfeuer der Freiheit, das seine Strahlen nach Osten sendet“, 1957 mit amerikanischen Mitteln errichtet. Das Gebäude liegt an der John-Foster-Dulles-Allee, benannt nach einem der kältesten Krieger, der von 1953 bis 1959 amerikanischer Außenminister war.

Mit dem Haus der Kulturen der Welt versucht die deutsche Regierung ihrerseits, kulturelle „Soft Power“ auszuüben. Das Haus wird von der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH betrieben und erhält eine Regelförderung vom Auswärtigen Amt. Vorsitzende des Aufsichtsrats ist Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Mit deren Unterstützung reisen Ausstellungen wie „Animismus“ nach New York, Shenzen, Seoul und Beirut.

Der CCF war divers

Wie einst die Events des Congress for Cultural Freedom sind die Ausstellungen und Veranstaltungen, die in Berlin stattfinden, Treffpunkt von internationalen Künstlern und Intellektuellen. (Wenn die Fotos der Konferenzen, die der CCF veranstaltete, die Wirklichkeit wiedergeben, war allerdings der Anteil von „persons of color“ bei deren Meetings wesentlich höher als bei den Veranstaltungen, die ich in den letzten Jahren im Haus der Kulturen der Welt besucht habe.)

In beiden Fällen ist die kulturell-politischen Langzeitwirkung solcher Aktivitäten schwer zu verifizieren. Der Congress for Cultural Freedom war zwar antikommunistisch ausgerichtet, doch um die europäischen Intellektuellen, die er erreichen wollte, nicht zu befremden, unterstützte er viele linksliberale Denker und Künstler.

Wie eine Reihe von Kunsthistorikern, etwa Serge Guilbaut, der die Verstrickung von moderner Kunst und US-Außenpolitik in seinem Buch „How New York Stole the Idea of Modern Art“ beleuchtet hat, will die Ausstellung darauf hinaus, dass die US-Kulturpolitik dieser Jahre den Abstrakten Expressionismus als unpolitische Feier des autarken Künstlers international propagiert habe. Aber ist Jackson Pollock wirklich nur dank der Hilfe des CIA zur internationalen Kunstikone geworden?

Doch die Ausstellung will gar nicht einzelne Künstler als nützliche Idioten der amerikanischen Regierung diskreditieren, sondern mit aktuellen und historischen Arbeiten den Kontext aufzeigen, in dem eine Weltmacht auf die Idee kommen konnte, mithilfe abstrakter Maler und linksliberaler Autoren der Sowjetunion Paroli zu bieten. Wie immer im Haus der Kulturen der Welt erfordert die Ausstellung ein ausführliches Studium von Exponaten wie deren Beschriftung. (Ein Katalog erscheint erst im nächsten Jahr.) Man entdeckt viele faszinierende Details, interessante Verbindungen und einige tolle Kunstwerke.

Aber an anderer Stelle verfällt die Ausstellung auch ins freie Assoziieren, wenn etwa die Mitarbeit von Gerhard Richter an Propagandagemälden in der DDR ins Spiel gebracht wird. Wie Künstler in der DDR instrumentalisiert wurden, hatte eine andere Qualität als die konspirativen Aktivitäten des CCF. Auch die „East Meets West“-Konzerte 1964 in Neu-Delhi, bei denen Yehudi Menuhin zusammen mit Ravi Shankar auftrat, erscheinen ebenso wenig als Akt gesteuerter Propagandakunst wie Nam June Paiks transkontinentale Fernsehperformance „Good Morning Mr. Orwell“ von 1984.

Bis 8. Januar 2018 im Haus der Kulturen der Welt

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