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Kommentar Sondierung zu MietenLeise Hoffnung

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Die Gespräche der Jamaika-Parteien zum Thema Wohnen bleiben vage. Trotzdem könnten einige Punkte zum Mietwohnungsbau etwas ändern.

Sozialpolitik zeigt sich auch am Umgang mit bezahlbarem Wohnraum Foto: dpa

A m Tirschenreuther Ring in Berlin-Marienfelde zum Beispiel. 82 Sozialwohnungen wurden hier fertiggestellt, die Nettokaltmiete liegt bei 6,50 Euro der Quadratmeter. Die Adresse kreist wie eine Verheißung durch die sozialen Netzwerke in Berlin. Die Frage des bezahlbaren Wohnens ist ein Herzstück des Sozialen. Auch für eine künftige Jamaika-Koalition.

Ein „Sondierungsstand“ der Gespräche mit Union, FDP und Grünen zum Thema Wohnen liegt nun vor. Das Papier ist vage. Trotzdem würden einige Punkte tatsächlich etwas ändern im sozialen Mietwohnungsbau, würden sie konkretisiert und praktisch umgesetzt.

Kern der Bauförderung ist zwar das Wohneigentum und der Neubau ohne Belegungsbindung. Die Union schlägt ein „Baukindergeld“ vor für Immobilienkäufer. Baukosten und Sanierungen sollen zudem steuerlich schneller abgesetzt werden können. Die Jamaika-Parteien wollen aber auch darüber verhandeln, ob nicht bundeseigene Grundstücke, also Grundstücke der Bundesanstalt für Immobilienaufgben (Bima), günstig für den Wohnungsbau bereitgestellt werden. Auch soll „gezielt“ in den sozialen Mietwohnungsbau investiert werden.

Würden Grundstücke des Bundes in den Metropolen nicht mehr meistbietend an private Investoren verkauft, sondern zu günstigeren Preisen an die Kommunen für den sozialen Wohnungsbau abgegeben, wäre das tatsächlich ein Riesenfortschritt für Mieter. Denn was den geförderten öffentlichen Wohnungsbau bremst, ist der Mangel an bezahlbaren Grundstücken. Statt dass der Bund Geld scheffelt durch den Verkauf eigener Grundstücke zu Höchstpreisen und sich dann über Haushaltsüberschüsse freut, wäre es eine Trendwende, schon im Vorfeld auf teure Verkäufe zu verzichten und die Grundstücke für das bezahlbare Wohnen an die Kommunen günstiger abzugeben.

Dazu müssten gezielte Investitionszulagen kommen für den sozialen Mietwohnungsbau. Denn bei den bisherigen Bau- und Grundstückskosten sind zumindest in den Metropolen öffentliche Zuschüsse angebracht, um Wohnungen mit einer Mietpreisdeckelung kostendeckend errichten zu können. Ein breiter sozialer Mietwohnungsbau beinhaltet übrigens durchaus Verhetzungspotential: Daraus folgen nämlich Debatten über Miet- und Einkommensgrenzen. Wer soll wie gefördert werden? Wo baulich verdichtet werden soll, gibt es zudem Anwohnerproteste.

Bisher sieht es so aus: Wer wenig Geld hat, muss beengter leben, muss umziehen, vielleicht weit außerhalb wohnen und zwangspendeln, muss sich bei allen sonstigen Konsumausgaben stark einschränken, weil eben mehr als ein Drittel des Geldes für die Miete draufgeht. Ob eine künftige Jamaika-Koalition überhaupt Sozialpolitik machen will, wird sich daher auch an der Wohnungsfrage entscheiden.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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9 Kommentare

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  • Was soll eigentlich passieren, wenn alle Grundstücke verkauft und bebaut sind? Und wenn dann die Bevölkerung immer noch wächst? Oder wenn die Menschen dann immer noch größere Wohnungen haben wollen?

  • Warum muss die neue Koalition für eine deutlich bessere Soziale Politik sorgen?

     

    Für sehr viele Bevölkerungsgruppen in Deutschland ist die Miete der höchste Ausgabenblock vom Haushaltseinkommen. Hohe und steigende Mieten ist eine der Hauptursachen von Armut und Obdachlosigkeit.

     

    AGENDA 2030 verpflichtet!!!

     

    "Wir, die Staats- und Regierungschefs und Hohen Vertreter, versammelt vom 25. bis 27. September 2015 am Amtssitz der Vereinten Nationen in New York zum siebzigsten Jahrestag der Organisation, haben heute neue globale Ziele für nachhaltige Entwicklung beschlossen. 2. Im Namen der Völker, denen wir dienen, haben wir einen historischen Beschluss über einen umfassenden, weitreichenden und die Menschen in den Mittelpunkt stellenden Katalog universeller und transformativer Ziele und Zielvorgaben gefasst. Wir verpflichten uns, uns unermüdlich für die volle Umsetzung dieser Agenda bis im Jahr 2030 einzusetzen. Wir sind uns dessen bewusst, dass die Beseitigung der Armut in allen ihren Formen und Dimensionen, einschließlich der extremen Armut, die größte globale Herausforderung darstellt und eine unabdingbare Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung ist. Wir bekennen uns dazu, die nachhaltige Entwicklung in ihren drei Dimensionen – der wirtschaftlichen, der sozialen und der ökologischen – in ausgewogener und integrierter Weise herbeizuführen. Wir werden außerdem auf den Erfolgen der Millenniums-Entwicklungsziele aufbauen und danach streben, die noch unerledigten Aufgaben zu vollenden...

     

    Wir sehen eine Welt vor uns, in der die Menschenrechte und die Menschenwürde, die Rechtsstaatlichkeit, die Gerechtigkeit, die Gleichheit und die Nichtdiskriminierung allgemein geachtet werden, in der Rassen, ethnische Zugehörigkeit und kulturelle Vielfalt geachtet werden und in der Chancengleichheit herrscht, die die volle Entfaltung des menschlichen Potenzials gewährleistet und zu geteiltem Wohlstand beiträgt..."

    http://www.un.org/depts/german/gv-70/a70-l1.pdf

  • Was besagt der Fünfte Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung zum Thema Wohnen?

     

    - Im Einkommensjahr 2015 haben 16 % der Haushalte 40 % des verfügbaren Haushaltseinkommens für Wohnkosten ausgegeben, was als Überbelastung definiert wird.

     

    - Ein fester Wohnsitz ist Voraussetzung, um Zugang zum Bildungssystem und zum Arbeitsmarkt zu finden.

     

    - Die Schätzung der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe, dass in 2014 335.000 Menschen in Deutschland ohne Wohnung waren, wird angesprochen. Und als ein Grund für die Wohnungslosigkeit werden Mietschulden und Energieschulden benannt.

     

    Was schlägt z. B. das Europäische Parlament vor, um Obdachlosigkeit, soziale Verdrängung und Armut zu bekämpfen (Fehlerkorrektur) und zu verhindern (Prävention)?

     

    ... fordert die Mitgliedstaaten auf, mehr Sozialwohnungen und erschwinglichen Wohnraum zu schaffen, um den Bedürfnissen der am stärksten gefährdeten Menschen gerecht zu werden und soziale Ausgrenzung und Obdachlosigkeit zu verhindern.

    http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P7-TA-2014-0043+0+DOC+XML+V0//DE

     

    Warum ist der Bau von Sozialen Wohnungen wichtig, erforderlich jedoch allein nicht hinreichend?

     

    Bau betrifft mehr die Zukunft, mehr neue Mieter, die umziehen. Viele Menschen wollen, eigene Wohnung und den Lebensumfeld, in dem sie seit Jahren leben, nicht verlassen. Deswegen braucht Deutschland eine deutlich strängere Mietpreisbremse, Verbot von Zwangsräumungen (die per GG und EU Recht schon sowieso verfassungswidrig sind), mehr Zwangsenteignungen gem. Art. 14 GG, mehr Rekommunalisierung und

    Bessere Anpassung des Thema Wohnen an das Sozialstaatsprinzip und Verpflichtungen der Eigentümer gem. Art. 14 GG.

  • 8G
    81331 (Profil gelöscht)

    ...mit der Betonung auf 'könnte'.

    Denke, wir sprechen in einem Jahr nochmal darüber.

  • Der Bund könnte die Grundstücke auch als Erbpacht (99 Jahre) an Kommunen oder kommunale Baugesellschaften weitergeben. - Warum verkaufen ?

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @A-M:

      ..."Warum verkaufen?"

      Naja, wie es eine Politikerin der Grünen so schön formulierte, Erbpacht ist in unserer neoliberalen Gesellschaft einfach nicht mehr der sog. "heisse Scheiß".

  • 3G
    33710 (Profil gelöscht)

    Die Tage in Berlin. 800 Bewerbungen auf eine Wohnung. Das besondere an der Wohnung? Sie war bezahlbar, d.h. 80qm für unter 1000€. 800 Bewerbungen[2]. Der Vermieter wird wie folgt zitiert: Man ist bemüht, einen guten Mieter zu finden. Wenn es dann jemanden gibt, der die Wohnung nur als Zweitwohnung haben will, steht der natürlich auf der Liste ganz weit oben", verrät der Hausverwalter. Wegen der geringeren Abnutzung der Wohnung, heißt es. Kopfschütteln.

  • 3G
    33710 (Profil gelöscht)

    »Deutsche Wohnen AG« will den Mietspiegel kippen, globales Kapital den Wohnungsmarkt zum Abschuss freigeben. Mietpreisbremse vor dem Aus, titelt die Junge Welt vom 02.11.2017[1]. Nein, die Gier kennt kein Ende. »Unqualifiziert« und »unwissenschaftlich« findet der Konzernvertreter den Mietspiegel, mit dem die »ortsübliche Vergleichsmiete« eruiert wird. So darf diese etwa, dank Mietpreisbremse, nicht um mehr als zehn Prozent überschritten werden. Vor der 18. Kammer des Landgerichts hatten die Mieter, eine ältere Frau und ein Mann aus Berlin-Friedenau, noch recht bekommen, der Konzern zieht deshalb vor das Berliner Verfassungsgericht. Der Konzernvertreter meinte sicherlich unwirtschaftlich, also nicht genug Gewinn einbringend.

     

    Die Reaktion der Politik? Enttäuscht sei man, oder auch nicht überrascht, variabel entsetzt. Dass hier in Berlin absurder Weise gerade ein rot-roter Senat an die 100.000 Wohnungen im Jahre 2004 verscherbelt hat, wird argumentativ von den entsprechenden Parteien natürlich verdrängt. Kopfschütteln.