piwik no script img

Ohne Abi gibt’sin Bremenkeine Lehre

Bei Suche nach Ausbildungsplatz bleiben Tausende unversorgt: Arbeitsagentur spricht trotzdem von Bewerbermangel

Gegenläufig interpretieren Arbeitnehmerkammer und die Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit die Ausbildungszahlen. Agentur-Geschäftsführer Klaus Oks betonte, der Rückgang an Bewerbern für Ausbildungsplätze werde durch Geflüchtete stark kompensiert. So hätten sich im neuen Ausbildungsjahr in Bremen 242 Flüchtlinge beworben. Von diesen seien 74 für eine Lehrstelle angenommen worden, lobte Oks.

Statt auf einen Mangel an BewerberInnen deuten die Zahlen nach Auffassung der Arbeitnehmerkammer Bremen indes auf einen Mangel an Ausbildungsplätzen. Noch seien die hiesigen Betriebe in der komfortablen Lage, „unter vielen guten BewerberInnen auswählen zu können“, erläutert Regine Geraedts, Referentin für Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik bei der Arbeitnehmerkammer.

Folge: Im Land Bremen blieben viele Jugendliche unversorgt. Entsprechend regis­triere die Ausbildungsbilanz der Agentur 4.968 BewerberInnen. Von denen münde mit 1.597 gerade einmal ein knappes Drittel in eine ungeförderte betriebliche Ausbildung ein. Auf der Suche befänden sich noch 1.006 Jugendliche.

Eine Ursache dafür: Die Unternehmen nehmen ihre Verantwortung nur sehr bedingt wahr. So bilde gerade einmal die Hälfte der berechtigten Betriebe Bremens überhaupt aus, auch seien seit dem Vorjahr 150 Lehrstellen abgebaut worden, das exakt falsche Signal. Geraedts forderte daher, „die Bereitschaft der Betriebe“ zur Ausbildung zu stimulieren, „auch gegenüber weniger gut vorgebildeten Jugendlichen“.

Einigermaßen dramatisch stellt sich nämlich laut Arbeitnehmerkammer die Lage der Landeskinder dar, die einen Hauptschulabschluss haben: Sie werden zunehmend von BewerberInnen ausgestochen, die an der Schule Abi gemacht haben. Schon jetzt hätten mehr als die Hälfte der Jugendlichen mit neuem Ausbildungsvertrag die Hochschulreife erworben.

Benno Schirrmeister (mit epd)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen