Kommentar Ferienwohnungen: Gebt die Daten her
Berlin darf dem Lobbyismus von Airbnb und Co. nicht nachgeben. Die Ferienwohnungsportale müssen zur Mitwirkung gezwungen werden.
Eigentlich ist die Sache ganz einfach: Wenn ein milliardenschwerer Konzern ohne Unterlass gegen ein Verbot wettert, das er sowieso niemals einzuhalten gedachte, gilt es, das Verbot dringend zu erhalten. Wenn also das Ferienwohnungsportal Airbnb also seit Jahren bis zum Erbrechen lobbyiert, um zu erreichen, dass seine Kunden ihre Wohnungen komplett vermieten dürfen und nicht nur einen Teil davon, sollte die Politik laut und deutlich sagen: Nein!
Nun verhält es sich so, dass die Berliner Politik wohl mindestens Jein sagen wird. Die für Mai 2018 geplante Novellierung des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes sieht vor, künftig nicht nur das Vermieten von weniger als 50 Prozent des selbst genutzten Wohnraums zu gestatten, sondern das Anbieten der eigenen Wohnung für 60 Tage im Jahr zu legalisieren. Ob das überarbeite Gesetz ein Erfolg für den global operierenden Konzern und seine ebenso penetranten Konkurrenten wird, ist aber nicht ausgemacht.
Bislang nämlich boomt, dem Verbot zum Trotz, die Ferienwohnungsindustrie der Stadt. Immer mehr Angebote, immer mehr hotelgleiche Wohnungen von immer mehr Profi-Anbietern. Das bisherige Gesetz reicht hier nicht aus. Es verhindert nicht, dass Zweitwohnungen legal und ganzjährig als Ferienwohnungen angeboten werden dürfen, es zwingt die Konzerne nicht, ihre Daten offenzulegen.
Nur oberflächlich betrachtet war das Gesetz in seiner bisherigen Form kompromisslos, tatsächlich lässt es zahlreiche Hintertüren offen. In der CDU, die es einst gemeinsam mit der SPD beschlossen hat, lacht man sich wohl noch immer leise darüber ins Fäustchen, die Kapitalinteressen nicht zu sehr eingeschränkt zu haben.
Mit der Überarbeitung gibt es nun die Chance, die damaligen Fehler auszuräumen. Das Wichtigste: Die Ferienwohnungsportale müssen ohne Wenn und Aber dazu gezwungen werden, Daten über Gastgeber, Adressen und Anzahl der vermieteten Nächte an die Behörden weiterzugeben. Nur so ist die Kontrolle einer 60-Tage-Regelung möglich.
Zudem braucht es harte Strafen, wenn die Unternehmen illegale Angebote auf ihren Seiten auflisten. Beides wäre ein deutliches Nein in ihre Richtung. Wenn das geschieht, wäre auch ein Ja akzeptabel, das den Berlinern künftig gestattet, ihre eigene Wohnung in der Urlaubszeit zu vermieten. 30 Tage würden dafür allerdings auch reichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“