WAS MACHT EIGENTLICH ... das Wahlvolk?: Abkotzen
Schlimmer geht’s nimmer: In den vergangenen Tagen wuchs zusammen, was schon für sich genommen genug Brechreizpotenzial hat: Wahlkampf und Werbung. Nein, nicht die Wahlwerbung – die hat man gefälligst zu ignorieren, und so schwer fällt das angesichts der neuen Einfallslosigkeit von Spin-Doktoren und Plakatdesignern nicht. Viel schlimmer: der zwanghafte Dauergag diverser Firmen, in Wahlkampfzeiten ihre Kampagnen mit Versatzstücken aus dem Demokratievokabular aufzupeppen.
„Sie haben die Wahl – Wir halten unsere Versprechen“, orgelt es morgens aus dem Radio. Der Aufsteller vor dem Franchise-Lokal eines Bäckermultis bewirbt Gebäck, das man gefälligst „wählen“ soll, und gegenüber brüllt ein violettes Poster „Wählt SPU!“, wobei SPU keine Splitterpartei, sondern das Kürzel für den kroatischen Flughafen Split ist. Abends röhrt’s aus der Glotze, man solle einen Dauersportsender „wählen“, und selbst im Internet wird man von Pseudowahlkämpfern verfolgt: von dem Bulettenbräter etwa, der am Sonntag per Online-Voting einen „Volks-Burger“ küren lassen will. Fast schon drollig: die kleinen Plakate eines Provinzzirkus, die natürlich auch der hohle Spruch „Wählt Circus Brutalli“ (oder so ähnlich) ziert.
Hört mal her, ihr Werbefuzzis: Der Witz hat einen Wahnsinnsbart. Der ist nicht mehr lustig. Der ist nur noch scheiße. Da fällt uns auch keine Pointe ein. Und wenn am Sonntag alle Kreuze gemacht sind, schlagen wir zusätzlich derer drei, weil ihr uns dann in Ruhe lasst. Bis zur nächsten Wahl. CLP FOTO: BARNIM
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