piwik no script img

Kein Börek für Kurdistan

PKK Bei einem kurdischen „Kulturfestival“ in Köln wird PKK-Chef Öcalan gehuldigt. Das türkische Außenministerium bestellt aus Protest den deutschen Botschafter ein

Von Sebastian Weiermann

ISTANBUL/KÖLN dpa/taz | Aus Protest gegen ein Kurdenfestival in Köln hat die Türkei am Samstag den deutschen Botschafter in Ankara ins Außenministerium zitiert. Die Türkei verurteile „nachdrücklich“, dass die von Sympathisanten der verbotenen PKK organisierte Veranstaltung erlaubt und es geduldet worden sei, „dass dort Terrorpropaganda betrieben wurde“, erklärte das Ministerium in einer Mitteilung. Das Auswärtige Amt in Berlin äußerte sich auf Nachfrage nicht zu dem Vorgang.

Mehrere tausend Menschen hatten laut Polizei am Samstag an dem Festival teilgenommen. Das Außenministerium in Ankara warf der Bundesregierung vor, im Kampf gegen den Terrorismus mit „zweierlei Maß“ vorzugehen. Obwohl es in Deutschland verboten sei, seien auf der Veranstaltung PKK-Symbole benutzt, Öcalan-Plakate gezeigt und eine „terrorverherrlichende Botschaft von einem der gegenwärtigen PKK-Anführer verlesen“ worden.

Die PKK ist in Deutschland seit 1993 als Terrororganisation verboten. Seit Kurzem ist zudem das öffentliche Zeigen von Öcalan-Porträts – zumindest vor dem Hintergrund der kurdischen Nationalfarben Grün und Gelb – untersagt. Nachdem Zehntausende Kurden im März in Frankfurt gegen die türkische Kurdenpolitik demons­trierten, leitete die Polizei nachträglich Ermittlungen ein. Man habe nicht schon während der Kundgebung eingegriffen, um keine Eskalation zu riskieren, erläuterte damals ein Polizeisprecher. In einem solchen Fall gelte die Regel „Gefahrenabwehr vor Strafverfolgung“.

Seit 25 Jahren feiern linke, PKK-nahe Kurden in Deutschland ein „Internationales Kurdisches Kulturfestival“, das in den vergangenen Jahren an verschiedenen Orten stattfand. Im vergangenen Jahr wurde das Festival von rechtlichen Streitereien begleitet. Im Stadion des 1. FC Köln konnte es nicht stattfinden. Stattdessen mussten die Kurden auf die Deutzer Werft am Rhein ausweichen.

Dort fand auch das diesjährige Festival am Samstag statt. Allerdings gab es im Vorfeld eine Überraschung durch die Stadt Köln. „Verpflegungs- und Informationsstände“ dürfe es nicht geben, eine Nutzungserlaubnis wurde nicht erteilt. Nach einigem Hin und Her durfte es Infostände geben. „Verpflegungsstände“ dagegen seien nicht notwendig für die Versammlung, sondern steigerten nur die „Aufenthaltsqualität“.

Das sah auch das Kölner Verwaltungsgericht so. Aus dem Kreis der Festivalorganisatoren von „Nav-Dem“, dem „Demokratischen Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland“, wurde vermutet, dass Druck des türkischen Staats bei dieser Entscheidung eine Rolle gespielt haben könnte.

Andrej Hunko (Linke) tritt auf und fordert, das PKK-Verbot aufzuheben

Die Veranstalter bezeichneten den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan als einen Faschisten, der eine Diktatur aufbaue. Außerdem forderten sie die Freilassung des in der Türkei inhaftierten PKK-Anführers Abdullah Öcalan und einen „Status für Kurdistan“.

Der Linke-Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko forderte in einer Rede die Aufhebung des PKK-Verbots. Seine Partei fordere dies als einzige Partei konsequent. Hunko schilderte auch seine Eindrücke vom Referendum über das Präsidialsystem in der Türkei. Die Umstände bezeichnete er als „undemokratisch“.

Weil die Öcalan-Porträts auf Fahnen und Plakaten in diesem Jahr mit weißem und damit „neutralen“ Hintergrund versehen waren, griff die Polizei kaum ein. Eine verbotene PKK-Fahne wurde sichergestellt, eine Beamtin bei einer Auseinandersetzung vor Beginn der Veranstaltung verletzt. Gegen zwei Männer, bei denen „konkrete Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass sie Verpflegungsstände auf dem Versammlungsgelände errichten wollten“, sprach die Polizei Platzverweise aus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen