: Männer an Mikrofonen
BILD & TON (II) Das Festival „Unerhört!“ bringt 24 Filme über Musik auf Hamburger Leinwände – viele davon sieht man so bald wohl nicht wieder
In der kommenden Woche beherbergt Hamburg das diesjährige „Reeperbahn Festival“. Das wird jedes Jahr größer, sein Programm umfangreicher, und umso mehr dürstet den Berichterstatter nach Orientierung angesichts all der Vorträge, Diskussionen, Branchen-Get-Togethers, Networking-Katerfrühstücke … ach ja, Konzerte gibt es auch, und nicht zu knapp – ist es doch ein Musikfestival.
Und Filme: Seit dem vergangenen Jahr ist das „RBF“ verpartnert mit dem örtlichen “Unerhört! Musikfilmfestival“. Den dort vergebenen Preis für den besten Musikfilm hat man umgelabelt und zeigt nun als „Reeperbahn Festival Music Film Contest“ insgesamt 24 Arbeiten „mit direktem Musikbezug“. Und am Ende dann vergibt eine dreiköpfige Jury aus Medienmenschen einen mit 2.500 Euro dotierten Preis.
Auf den ersten Blick heißt Filme mit Musikbezug vor allem Filme über Musiker, seltener auch Musikerinnen, und nicht wenige dieser da zu sehenden Männer sind, nun ja, ganz schön alte Hasen: Der Punk-Patenonkel Iggy Pop in der (Fernseh)-Produktion „Lessons of Pop“ etwa, die Rolling Stones auf Südamerika-Tournee („Olé Olé Olé“) oder auch das allerletzte Konzert der Hardrocker – oder doch Heavy-Metal-Erfinder? – Black Sabbath („The End of The End“).
Nun müssen alte Männer nicht uninteressant sein, Conny Plank zum Beispiel: Der hat mit seinem Tonstudio bei Köln ganz wesentlich daran mitgewirkt, dass die Bonner Republik irgendwann überhaupt auf der internationalen Popmusik-Karte zu finden war. Bei ihm entstanden die 70er-Jahre hindurch nicht nur zentrale Alben des „Krautrock“, auch zahlreiche internationale Größen zog es vor seine Mikrofone. Stephan Plank, der Sohn des jung verstorbenen Aufnahme-Tüftlers, und Reto Carduff haben sich auf Spurensuche gemacht und sind anwesend, wenn ihr Film „Conny Plank: The Potential of Noise“ ein paar Tage vor dem eigentlichen Start am Dienstagabend das Festival eröffnet.
Noch spezieller: Tony Conrad, US-amerikanischer Extrem-Minimalist, ohne den Lou Reed und John Cale vielleicht nie geworden wären, wer sie waren und sind, zumindest aber ihre gemeinsame Band nicht Velvet Underground geheißen hätte. Und das ist wirklich nur eine unter vielen Spuren, die der Tausendsassa seit den 60er-Jahren hinterlassen hat. Den umtriebigen New Yorker, weit mehr als bloß ein Musiker, stellt der Film „Tony Conrad: Completely in the Present“ vor. Dass der Film je regulär in hiesige Kinos kommt, ist eher unwahrscheinlich. ALDI
19. bis 23. 9., Hamburg, B-Movie, Metropolis und Studio-Kino. Programm: www.unerhoert-filmfest.de
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