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Die große Koalition der Firma KPS

Vor zehn Jahren wurde die SPD in die große Koalition gezwungen. Motor war die Wählerinitiative „Arbeit für Bremen“ – finanziert von einer Sparkassen-Tochter und der KPS-Gruppe. Mit dabei: der frühere Wirtschaftsstaatsrat Frank Haller

Bremen taz ■ Wer Politik machen will, braucht Geld. Wer Geld hat, kann Politik machen – so auch bei der Unterstützung der „Arbeit für Bremen“, die vor zehn Jahren bei den Bürgerschaftswahlen 1995 auf Anhieb 10,6 Prozent der Stimmen erzielte. All das nach einem großen Wahlkampf – den die AfB jedoch nicht allein finanzierte.

Der taz liegen Unterlagen vor, aus denen sich rekonstruieren lässt, wer das politische Manöver bezahlt hat. Der damalige Parteichef Friedrich Rebers und der Bremerhavener SPD-Politiker Werner Lenz sind inzwischen gestorben, andere Vorstandsmitglieder verweisen darauf, dass alle Finanzfragen von Rebers vertraulich bewegt wurden. 261.000 Mark Spenden sammelte er für den Wahlkampf, 102.000 Mark Firmenspenden, auch von Unternehmen, die dienstlich mit Wirtschaftsstaatsrat Frank Haller zu tun hatten, wenn es um Förderungen ging. Die Spenden reichten aber nicht für den großen Wahlkampf.

Als 1999 der ehemalige Gewerkschafter Hartmut Frensel den Vorsitz der AfB übernahm, fand er andere Hinweise auf die Finanzierung des AfB-Erfolges von 1995: Eine Forderung des Bankhauses Plump und eine Forderung der KPS-Gruppe um den Unternehmer Klaus-Peter Schulenberg. Das Bankhaus Plump, eine Tochterbank der Sparkasse, für die Sparkassen-Vorstand Rebers zuständig gewesen war, hatte offenbar ein Darlehen von 300.000 Mark „ohne besondere Sicherheiten“ an Rebers/AfB gegeben. Dieses Darlehen sei „weder im Landesvorstand der AfB vorgetragen noch beschlossen worden“, wunderte sich Frensel. Das Bankhaus verlangte 1999 eine persönliche Bürgschaft der neuen Vorstandsmitglieder, was diese allerdings ablehnten.

Der andere Punkt, auf den der neue Vorstand 1999 stieß, betraf Forderungen von KPS. Offensichtlich hatte das Anzeigenblatt der KPS-Gruppe, der Weser Report, im Wahlkampf 1995 großzügig Anzeigen für die AfB geschaltet. Jahre später zog er dann 60 Prozent Rabatt von der in Rechnung gestellten Summe von 117.000 Euro ab. Das KPS-Kleinanzeigenblatt AbisZ hat zudem die Rechnungen von 76.000 Mark der Marketing-Agentur Haase&Knels bezahlt, die im Wahlkampf 1995 für die AfB gearbeitet hat. Flugzettel, Visitenkarten, Wahlkampf-Plakate, Fotos von Rebers, ein Plakat „Mensch ärgere dich nicht …“ – die KPS-Anzeigenzeitung AbisZ zahlte. In dem Testat des Wirtschaftsprüfers für 1995 ist dieser Vorgang nicht zu finden. Offenbar handelte es sich „um unerlaubte Parteienfinanzierung“, formulierte Jahre später der neue AfB-Vorsitzende Frensel, als er mit Rückforderungen konfrontiert wurde: „So ehrenwert das Verhalten von KPS war, müssen wir heute klarstellen, dass es auch hier keinerlei Beschlüsse des Landesvorstandes, die dieses Vorgehen rechtfertigt, gibt.“

Wie das Problem geregelt wurde, ist heute kaum herauszufinden. Die einen schweigen, die anderen erinnern sich nicht mehr. KPS hat Forderungsverzichte geleistet. Um im Jahre 1999 die Richtigkeit der Forderung gegenüber dem neuen AfB-Vorstand zu unterstreichen, wurde der frühere Staatsrat Frank Haller eingeschaltet: Der habe, heißt es in einem AbisZ-Brief an die neuen Herren der AfB vom 22.6.1999, „in einem Gespräch mit Herrn Schulenberg die Werthaltigkeit der Forderung bestätigt“. Offensichtlich war der Wirtschaftsstaatsrat 1995 dabei gewesen, als Rebers die Vereinbarung getroffen hatte, dass KPS Rechnungen für die AfB übernimmt – und hat damit Beihilfe zur „unerlaubten Parteienfinanzierung“ geleistet.Klaus Wolschner

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