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Kinder an der NordseeBabystrand mit Supersand

An der Nordsee gibt es jetzt einen Strand für Kinder von Helikoptereltern. Der Sand ist allergiearm, das Areal wird von Panzerglas geschützt.

Vor allen Gefahren geschützt: Kinder am Babystrand von Butjadingen Foto: dpa

Im niedersächsischen Nordseeort Butjadingen hat kürzlich ein Babystrand eröffnet. Darüber kann man sich lustig machen: Ein eigener Strand für Kleinkinder, das fällt doch in die Rubrik: „Dinge, die die Welt nicht braucht“! Babys können doch auch am richtigen Strand spielen! Dass dort nun eine Art 250 Quatratmeter große kindgerechte Parallelwelt errichtet wurde, bestehend aus einem Areal Super-Spielsand, umgeben von Sicherheitsglas und durch Sonnensegel von Wind und Wetter abgeschirmt, klingt zunächst, sagen wir, skurril.

Einige Eltern freuen sich tatsächlich – zumindest, wenn man dem Augenschein des Leiter der örtlichen Tourismus-Services glaubt. In der Sicherheitszone können also die Kinder nicht zu weit weglaufen, sind geschützt vor Hunden, vor Wind, der ihnen Sand in die Augen bläst und vor möglichen Infektionen: Der extrafeine Super-Sand ist nicht nur zwei Mal gewaschen, sondern auch allergiearm.

Butjadingen hat den Strand eingerichtet, um Eltern zu entlasten, die sich Sorgen um ihre Kinder machen. So wie man denen, die schon ins Wasser dürfen, aber noch nicht schwimmen können, Schwimmflügel anzieht, kann man mit den ganz Kleinen nun also zum Babystrand.

Die Umgrenzung hat dieselbe Funktion wie die Stäbe eines Gitterbettes, in dem Eltern ihre Kinder auch mal alleine lassen können. Die können sich im Supersand nicht nur sicherer, sondern auch freier bewegen als am offenen Meer, denn das ist tatsächlich nicht ungefährlich.

Allerdings ist der Babystrand typisch für die wachsende Anzahl immer professioneller werdender Angebote, wie die Beziehung zwischen Eltern und ihrem Nachwuchs gestaltet werden kann, vom Mutter-Kind-Sport im Park bis zum Überwachungssensor im Handy. Butjadingen hat die Nachfrage erkannt und will davon profitieren.

Ob die Babys sich freuen oder eher eingesperrt fühlen, ist natürlich eine andere Frage. Klar, Kinder sollten auch mal hinfallen und Dreck essen. Das tun sie vermutlich aber sowieso. Egal wo.

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3 Kommentare

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  • Konsequent und doch so inkonsequent.

    Damit die Eltern richtig entlastet werden (was ist die Last der Eltern, wenn sie noch nicht mal nach einem BABY, was im Sand spielt schauen möchten?) braucht es aber dringend noch die krankheitsträgerfreien, stets gelaunte und mit allen pädogigischen Feinheiten vertrauten Kleinkindbewacher.

     

    Und um den Stress zu vermindern, sollte man dringend noch eine Möwenkackschutz aufspannen.

     

    Offensichtlich nehmen auch Gemeinden genug Steuergelder ein.

  • Meine Mutter lernte eine andere kennen -

    Am Sandkasten

    Deren mit meinem Bruder gleichaltriger Sohn -

    Ein Spittel - der ein extra kleines Töpfchen

    Sein eigen nannte - weil er in normale

    Kindertöpfchen reinfiel & der …

    Alle fünf bis zehn Minuten auf ein leicht schrilles -

    "Eba" angescheeßt kam - & Artig seine kleinzarten

    Händchen entgegenstreckte - Die mit einem

    Extrawaschlappen sorgfältigst gereinigt wurden!

    Später gelang es ihn mühelos einen Flutgraben

    Mohrenschwarz wieder rausgezogen zu verlassen - & einen -,

    Hundertmarkschein im Klo runterzuspülen &

    Kieferchirurg letztendlich zu werden.

    Nu. Nachdem sich das homerische Gelächter meiner

    Mutter gelegt hatte - konnten zwar die derbsten

    Mütterlichen - gern nachwachsenden Hirnfürze -

    Im Laufe der 30/40er Jahre abgemildert werden!

    Aber meine spätere zappelige Patentente & er sind mir als

    Leuchtende Beispiele nervöse Hemden & als -

    Folie für dieses hier - In lebhaftester Erinnerung.

    kurz - Wie sehr auf Sand gebaut - dieses

    "How to be a jewish Mother!" - 2. - 4.0 ist!

    Is plan as plan can be! &

    Soo neu - is das alles nicht!

    Nur wird das derartig einen an der Klatsche gabrn

    Getragen wie des Mutterkreuz - & Si'cher dat!

    Gelegentlich auch von overprotecting Vätern!

    Alles traurig genug!

    Newahr.

     

    Dennoch. Nein - gerade deswegen!

     

    Kindersand

     

    Das Schönste für Kinder ist Sand.

    Ihn gibt’s immer reichlich.

    Er rinnt unvergleichlich

    Zärtlich durch die Hand.

     

    Weil man seine Nase behält,

    Wenn man auf ihn fällt,

    Ist er so weich.

    Kinderfinger fühlen,

    Wenn sie in ihm wühlen,

    Nichts und das Himmelreich.

     

    Denn kein Kind lacht

    Über gemahlene Macht."

     

    Joachim Ringelnatz, 1883-1934

    Danke.

  • "Butjadingen hat den Strand eingerichtet, um Eltern zu entlasten, die sich Sorgen um ihre Kinder machen."

     

    Die Sorge um die Kinder sollte aber vorgehen. Solcherart "beschützte" Kinder sind die künftigen Hyperallergiker, die nie gelernt haben, sich in der realen Welt zu bewegen.