In Berlin gekidnappter Vietnamese: Ein Entführer ist wohl gefasst
Tschechische Polizisten nehmen einen Vietnamesen fest. Er soll der Fahrer sein, der einen Vietnamesen im Juli aus Berlin entführte.
Nach Recherchen der taz wurde bereits am Sonntag in Prag der mutmaßliche Fahrer des Tatfahrzeuges durch ein Sonderkommando der tschechischen Polizei festgenommen. Das berichten vietnamesische Augenzeugen aus Prag sowie ein vietnamesischer Journalist aus Berlin der taz. Ob der Festgenommene derzeit in Prag oder am Sitz der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe vernommen wird, ist nicht bekannt.
Wie die taz berichtet hatte, wurde am 23. Juli im Berliner Tiergarten der vietnamesische Ex-Politiker Trinh Xuan Thanh durch den vietnamesischen Geheimdienst entführt und nach Vietnam gebracht. Dort muss sich der 51jhrige, der in Deutschland Asyl beantragt hatte, wegen eines Wirtschaftsdeliktes verantworten. Im schlimmsten Fall droht ihm die Todesstrafe.
Das Auto, mit dem er entführt wurde, war ein Mietwagen eines vietnamesischen Verleihers aus Prag. Der VW wurde bereits letzte Woche in Prag sichergestellt und den deutschen Ermittlern übergeben. Der Siebensitzer verfügt über GPS, so dass sich die Fluchtroute genau rekonstruieren lässt. Die Bundesanwaltschaft hatte bereits erklärt, dass der Entführte zuerst aus dem Tiergarten in die vietnamesische Botschaft in Berlin gebracht wurde.
Festgenommer betreibt Büro zum Geldtransfer
Den Berichten mehrerer Augenzeugen zufolge haben die tschechischen Ermittler am Donnerstag auch das Büro des Festgenommenen in Prag mit einem Sondereinsatzkommando gestürmt. Es soll jetzt versiegelt sein.
Der festgenommene Mann ist seinen Büronachbarn zufolge Ende 40 und vietnamesischer Staatsangehöriger. Er betreibt im Sapa-Markt in Prag ein Büro für Geldtransfer. Der Prager Sapa-Markt ist Europas größter Asiamarkt von der Größe einer Kleinstadt. In einem Galdtransfer-Büro, das oft in einer juristischen Grauzone agiert und auf eine gute Zusammenarbeit mit vietnamesischen Diplomaten angewiesen ist, werden Gelder von Vietnamesen aus Tschechien und anderen europäischen Nachbarländern an ihre Angehörigen in Vietnam transferiert. Über Banken ist so ein Transfer in vielen Fällen nicht möglich: Entweder weil das Geld illegal erwirtschaftet wurde oder aber weil die Verwandten in Vietnam kein Bankkonto haben.
Der amerikanische Sender „Voice of America“ hat am Donnerstag berichtet, dass die Regierung in Hanoi der deutschen Regierung ein Gesprächsangebot zum Entführungsfall gemacht hat. Damit soll sie einer Forderung von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) nachgekommen sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!