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Bürger als Strohmänner?

Strom Bürgergesellschaften dürfen die meisten neuen Windparks bauen. Doch hinter vielen steht dasselbe Unternehmen. Ist regionale Energie drin, wo der Begriff draufsteht?

von Hannes Koch

BERLIN taz | Die Bundesregierung legt Wert darauf, dass ein Teil der neuen Windkraftwerke von Bürgerfirmen vor Ort errichtet wird. Wenn die Anwohner mitverdienen, ist die Akzeptanz für die oft umstrittenen Windmühlen größer, so die Hoffnung. Nun aber kommen Zweifel an der Wirksamkeit des unlängst renovierten Gesetzes auf. Ist Bürgerenergie drin, wo Bürgerenergie draufsteht?

Bei der zweiten Ausschreibungsrunde für neue Windanlagen haben Bürgerenergiefirmen 90 Prozent der Zuschläge erhalten, teilte die Bundesnetzagentur am Dienstag mit. 60 zusätzliche Windparks könnten damit in den kommenden Jahren von Anwohnern in der unmittelbaren Umgebung errichtet werden. Allerdings weist die dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellte Behörde darauf hin, dass 37 dieser Gesellschaften „zumindest organisatorisch einem einzelnen Projektierer zuzuordnen sind“.

Bei dem Unternehmen handelt es sich um die UKA Umweltgerechte Kraftanlagen in Meißen. Einige der regionalen GmbHs residieren unter derselben Adresse wie UKA. Die Namen der Windparks lauten beispielsweise Umweltgerechte Bürgerenergie Ballstädt GmbH, Umweltgerechte Bürgerenergie Bartow GmbH oder Umweltgerechte Bürgerenergie Bersteland GmbH.

Selbst habe UKA fünf Zuschläge erhalten, sagte eine Sprecherin. „Zusätzlich standen wir einer Reihe von Bürger­energiegesellschaften als Partner zur Seite. Dabei wurden 37 Gebote bezuschlagt. Die Bür­ger­energiegesellschaften, deren Partner wir sind, profitieren von unserer Erfahrung, Projekte kosteneffizient umzusetzen.“ In der ersten Runde hat mit der Firma Enertrag ebenfalls eine Firma ein großes Stück vom Kuchen gesichert.

Bis zum vergangenen Jahr erhielten neue Öko-Kraftwerke politisch definierte Festpreise für ihren produzierten Strom. Damit die Kosten sinken, wird die Förderung nun auf Ausschreibungen umgestellt, bei denen die günstigsten Anbieter den Zuschlag bekommen. Auch in der ersten Runde im vergangenen Mai hatten vor allem sogenannte Bürger-Energiegesellschaften den Zuschlag bekommen. Laut Gesetz sind das Firmen, die aus mindestens zehn Einzelpersonen bestehen, die mehrheitlich im Landkreis der geplanten Anlage wohnen müssen und von denen keine mehr als 10 Prozent der Anteile besitzt.

„Die Kriterien für Bürgerenergie sind zu unscharf“

Georg Schroth, Bundesverband Windenergie

Die Kriterien für Bürgerenergie würden bisher in allen Fällen eingehalten, erklärte die Netzagentur. Im Gegenzug zum Nachweis der regionalen Verwurzelung erhalten solche Firmen einige Erleichterungen im Verfahren. Sie müssen im ersten Schritt weniger Genehmigungen beibringen und können sich mit dem Bau der Windparks länger Zeit lassen als Kapitalinvestoren.

Manche Fachleute zweifeln inzwischen aber, ob die Regelung ihr Ziel erreicht. Die Befürchtung: Anwohner vor Ort werden als Strohmänner vorgeschoben. Später kauft ihnen ein größeres Unternehmen jedoch die Anteile ab. Der regionale Windpark würde zum Investitionsobjekt auf dem Kapitalmarkt.

„Trotz unserer Kritik hat der Gesetzgeber die Kriterien für Bürgerenergie zu unscharf gefasst“, sagte Georg Schroth vom Bundesverband Windenergie. „Beispielsweise war unser Vorschlag, dass die Gesellschafter ihre Anteile mindestens fünf Jahre nach Inbetriebnahme halten müssen, nicht nur zwei Jahre, wie es aktuell festgelegt ist.“ Dadurch könne die regionale Akzeptanz geschmälert werden.

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