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Hamburg ungespritzt

landbau Wirtschaftssenator Frank Horch macht einen Trip ins Grüne: Bei zwei Höfen in Süderelbe will er überprüfen, ob die Bio-Strategie des Senats auch wirkt

Ein Fünftel der Stadt wird landwirtschaftlich genutzt: etwa für den Obstbau im Alten Land Foto: Ingo Wagner/dpa

von Sven-Michael Veit

Auch der Job des Wirtschaftssenators kann erfreuliche Seiten haben. Der Warenumschlag im Hafen stagniert, die Elbvertiefung ist noch immer in weiter Ferne, Airbus in Finkenwerder deutet Einschränkungen beim Bau des Riesenfliegers A380 an, für den extra das Mühlenberger Loch zugeschüttet und das Süderelbe-Dorf Neuenfelde zur Hälfte plattgemacht wurde – da geht Frank Horch auf eine Dienstreise, an der selbst die ewig nörgelnden Umweltverbände nichts zu kritteln haben werden: Er, zuständig auch für Landwirtschaft, besucht am Mittwoch in Marmstorf und Francop „zwei innovative Unternehmen des Gartenbaus und des ökologischen Landbaus“, wie seine Presseabteilung schwärmt.

Denn vor Jahr und Tag, im August 2016, hatte der parteilose Senator mit einem ähnlichen Trip ins Grüne „die Nachhaltigkeitsstrategie des Produktionsgartenbaus Hamburg“ gestartet, und nun will er sich schon mal flugs „über die bisher erzielten Erfolge“ informieren – ein ganzes Jahr, so was ist bei Behörden aktenkundig, muss reichen, um Papiere und Landschaften zum Blühen zu bringen.

Immerhin rund ein Fünftel der Stadt wird derzeit landwirtschaftlich genutzt, vor allem im Alten Land und in den Vier- und Marschlanden. Den größten Teil davon bewirtschaften Acker- und Grünlandbetriebe. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern bilden in Hamburg aber viele kleinere Spezialbetriebe des Obst-, Zierpflanzen- und Gemüseanbaus den Kern des Agrarsektors: Äpfel aus dem Alten Land oder Vierländer Tomaten genießen über Hamburg und Norddeutschland hinaus einen guten Ruf.

Fast 500 der in der Stadt ansässigen gastronomischen, Handels- und Verarbeitungsbetriebe arbeiten schon ökologisch, nach Angaben der eben auch für Bäuerliches zuständigen Wirtschaftsbehörde sind beim Obstanbau aktuell zehn weitere Unternehmen mit 100 Hektar Anbaufläche dabei, auf bio umzustellen.

Um den Ökolandbau, die Weiterverarbeitung von und die Nachfrage nach Biolebensmitteln mit kurzen Transportwegen und regionaler Wertschöpfung weiter zu fördern, war Hamburg bereits im Dezember 2016 dem Netzwerk der Biostädte beigetreten. Deren Idee ist es, Biolebensmittel den Vorrang bei öffentlichen Einrichtungen, Veranstaltungen, Märkten und bei der Essensversorgung von Kindern und Jugendlichen zu geben.

Der Öko-Aktionsplan

Im Februar 2016 hatte der rot-grüne Senat den „Hamburger Öko-Aktionsplan 2020“ beschlossen.

Dieser sieht vor, den Bio-Anteil an der Obstproduktion von zwölf Prozent bis 2020 auf 20 Prozent zu erhöhen, bis 2025 auf 25 Prozent.

Die beiden großen landwirtschaftlichen Anbaugebiete sind das Alte Land und die Vier- und Marschlande.

Für Beratung und Förderung stellt Hamburg jährlich 120.000 Euro zur Verfügung.

Dem Bio-Städte-Netzwerk, im April 2016 gegründet, war Hamburg bereits zum 1. Dezember 2016 beigetreten.

Mit dem Aktionsplan 2020 soll nun langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe und damit Hamburg als Standort einer vielfältigen Agrarproduktion gesichert werden. „Die Stärkung des regionalen Ökoangebotes soll vor allem kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Unternehmen eine Entwicklungsperspektive für die Zukunft eröffnen“, sagt eine Sprecherin der Wirtschaftsbehörde.

Deshalb ist zusätzlich bereits in Zusammenarbeit mit Niedersachsen eine Modellregion Bio-Obst am Südufer der Elbe etabliert worden. Dafür wurde die Neukonzeption der Obstbauversuchsanstalt Esteburg bei Buxtehude, die auch für den Hamburger Teil des Alten Landes zuständig ist, mit 350.000 Euro gefördert.

Vor allem in der teilweise hochspezialisierten Sparte des Gartenbaus gebe es jedoch noch offene Fragen zur ökologischen Produktionstechnik. „Verbesserter Wissenstransfer“ sei vordringlich, verlautet aus der Wirtschaftsbehörde. Und deshalb will jetzt der Senator „sich persönlich davon überzeugen, wie die Maßnahmen wirken“, die er selbst vor Jahresfrist veranlasste. Wohl bekomms.

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