: Türkische Regierungfordert Auslieferung
Diplomatie Ein angeblicher Putschistenführersoll sich in Baden-Württemberg verstecken
In der Anklageschrift gegen die mutmaßlichen Putschisten ist Theologiedozent Öksüz direkt hinter dem Hauptangeklagten Fethullah Gülen aufgeführt. Am Morgen nach dem Putschversuch hatten ihn Sicherheitskräfte in der Nähe des Luftwaffenstützpunkts Akıncı, von dem der Umsturzversuch geplant worden sein soll, festgenommen. Öksüz behauptete, er habe sich dort ein Grundstück ansehen wollen – eine Begründung, die mehrere Zivilisten angaben, die in der Putschnacht in der Umgebung festgenommen wurden. Die türkischen Ermittler glauben ihnen nicht. Bei Öksüz vermuten sie, dass er als Teil des nichtmilitärischen Flügels der Putschisten vor Ort war.
Trotz belastender Indizien setzten ihn Richter nach wenigen Tagen wieder auf freien Fuß. Gegen sie wird inzwischen ermittelt. Öksüz selbst ist seither nicht mehr auffindbar. Im Juli berichteten regierungsnahe türkische Medien dann, Zeugen hätten den Gesuchten im Februar in Frankfurt am Main und im März in Ulm gesehen. Den Berichten zufolge soll er in Baden-Württemberg eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten haben.
Das baden-württembergische Innenministerium machte am Mittwoch auf taz-Anfrage keine Angaben zu der Behauptung. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes bestätigte den Eingang der Verbalnote, wusste nach eigenen Angaben aber nicht, ob sich Öksüz im Land aufhält. Er betonte, dass sich im Fall eines offiziellen Auslieferungsersuchens zunächst deutsche Gerichte mit dem Fall befassen würden. Die Justiz müsste sich „damit beschäftigen, ob die Vorwürfe, die erhoben werden, tatsächlich glaubhaft gemacht werden konnten“. Die Bundesregierung halte sich an das, was es „tatsächlich an konkreten, belegbaren, beweisbaren und glaubwürdigen Anhaltspunkten geben mag“.
Tobias Schulze, Ali Celikkan
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