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Susanne Knaul über Todesschüsse israelischer SoldatenMit zweierlei Maß

Elor Asaria ist ein Pechvogel. Völlig zu Recht konzentrierte sich sein Anwalt bei der Verteidigung auf das Argument, sein Mandant habe „im Geist von Israels Verteidungsarmee“ gehandelt, als er den schon am Boden liegenden palästinensischen Angreifer mit zwei Kopfschüssen tötete. Mit Terroristen noch am Tatort kurzen Prozess zu machen, ist durchaus üblich in Israel.

Es ist zweierlei Maß, wenn der Schütze von Hebron hinter Gittern sitzt, Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu aber gleichzeitig den Wachmann der Botschaft in der jordanischen Hauptstadt Amman, der am Vortag zwei Jordanier erschossen hat, wie einen Helden bei seiner Rückkehr begrüßt. Warum es mit dem jungen jordanischen Tischler überhaupt zum Kampf kam, ist noch ungeklärt. Sicher ist, dass den älteren der beiden, einen Arzt, die tödlichen Schüsse versehentlich trafen. Netanjahu feierte den Wachmann, der das Blut eines Unschuldigen an den Händen hatte, und signalisierte damit, dass dies ein Mann ist, an dem sich Israels Nachwuchspolizisten ein Beispiel nehmen sollten.

Umfragen zeigen, dass 65 Prozent der jüdischen Israelis der Meinung sind, Asaria habe richtig gehandelt, als er seine Waffe auf den Palästinenser richtete. Ein, zwei gezielte Schüsse in den Kopf und die anschließende Diskussion über eine eventuelle Todesstrafe erübrigt sich.

Omar al-Abed wäre ein Kandidat für den Strick. Der 19-Jährige schlich sich am vorvergangenen Freitag in die Wohnung der Familie Salomon und massakrierte drei Menschen mit einem Küchenmesser, bevor ihn ein Nachbar, ein wehrpflichtiger Soldat, außer Gefecht setzte. Fast entschuldigend rechtfertigte die Mutter des Soldaten ihren Sohn dafür, dass er dem Palästinenser nicht gleich vor Ort den Garaus machte. Der Gedanke an Elor Asaria habe ihn zögern lassen. Der Prozess gegen den Schützen von Hebron trägt erste Früchte. Er stiftet Verwirrung.

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