„Kein klares Bild“

Ein Ein-Euro-Jobber klagt gegen die Bremer Recycling Initiative auf reguläre Bezahlung: Seine Arbeit sei keine zusätzliche gewesen

Bremen taz ■ „Es ist als Fragestellung spannend“, sagt der Richter nach der Verhandlung und blättert in den Akten Kleinschmidt gegen Gröpelinger Recycling Initiative e.V.. „Aber die Klageschrift macht kein klares Bild.“ Frank Kleinschmidt ist ein zurückhaltend-freundlicher 41-Jähriger, der im Jackett neben seinem Rechtsvertreter sitzt. Der ist abgebrochener Jurist, nun Aufseher in einer Spielhalle und zugleich tätig beim Verein „Sozialer Lebensbund“. „Miteinander leben, füreinander da sein“, steht auf seiner Visitenkarte und er war es, der Kleinschmidt riet, die Gröpelinger Recycling Inititiative e.V. zu verklagen, bei der er als Ein-Euro-Jobber beschäftigt war.

Nach Befragung des Richters wird allmählich klar, was Kleinschmidt hier erstreiten möchte: eine adäquate Bezahlung. Es ist eine komplizierte Geschichte: Voller bürokratischer Drehtüren und juristischer Details und darunter liegt die Biographie Kleinschmidts in all ihrem Unglück, mit dem BWL-Studium, das er nach dem Tod seiner Frau abbrach, der Umschulung zum IT-Entwickler und der ersten Stelle bei einer Bremer Firma, die ihm nach nicht einmal einem Jahr betriebsbedingt kündigte.

Danach schickt ihn die Bagis (Bremer Arbeitsgemeinschaft für Integration und Soziales) zum Recyclinghof Findorff: Kleinschmidt zufolge ist er pro forma als Ausbilder im Fahrdienst beschäftigt, tatsächlich erstellt er ein Programm zur Auftragsabwicklung. Und genau hier beginnt das Problem, juristisch zumindest, denn natürlich, so sagt Kleinschmidt, sei er froh gewesen „letztlich etwas zu tun, was in meine eigentliche Qualifikation fällt“. Rechtlich gesehen, müssen die Ein-Euro-Jobs jedoch zusätzlich sein – um nicht anderen Arbeitslosen Chancen auf reguläre Stellen zu nehmen – und im öffentlichen Interesse liegen.

Seine Tätigkeit aber, so argumentiert Kleinschmidt, sei nicht zusätzlich gewesen. Weil er gar nicht im Fahrdienst tätig gewesen sei, wo es einen anderen Ausbilder im Fahrdienst gegeben habe, nach dessen Tod sei ein neuer Mitarbeiter eingestellt worden. Klaus Prietzel, Betriebsleiter des Findorffer Recyclinghofs, sieht das anders: Es sei übliche Praxis, dass die Ein-Euro-Jobber zu 20 Prozent „notwendige“ Tätigkeiten ausübten, die 80 weiteren Prozent seien sie dann mit zusätzlichen Arbeiten beschäftigt. Frank Kleinschmidt habe, so sagt er weiter, „viel ausprobieren können“, was unter regulären Arbeitsbedingungen nicht möglich gewesen wäre. Und dann klagt Prietzel, dass es sich die Bagis „so einfach“ mache: „Ich brauche EDV-Kräfte und bekomme Fahrdienstler.“

Für Frank Kleinschmidt tut das wenig zur Sache: Er möchte regulär bezahlt werden. Nach Ansicht von Georg Schaff, Jurist der Bremer Arbeitnehmerkammer, wird in seinem Fall – und vergleichbaren, die bundesweit anhängig sind – das Kriterium der Zusätzlichkeit entscheidend sein. Und das sei für die Beschäftigten schwierig nachzuweisen. „Jeder halbwegs geschickte Arbeitgeber, wird diese Leute nicht auf Planstellen setzen.“ Deshalb, so Schaff, brauche man nun politischen Druck, um zu verhindern, dass sie gänzlich unter den Tisch falle. grä