Portrait: Zurück bei den alten Genossen
Wieder Sozi: Dora Heyenn, 68, ist nach dem G20-Gipfel in die SPD eingetreten. „Die Bilder von der Schanze haben in mir den Entschluss reifen lassen, dass ich etwas tun muss, um die Demokratie zu schützen“, sagte sie. Die Linkspartei distanziere sich nicht genug vom Schwarzen Block.
Noch 2015 war Heyenn Spitzenkandidatin der Linken bei der Wahl zur Bürgerschaft der Hansestadt gewesen. Innerparteilich nicht unumstritten, fiel sie bei der anschließenden Wahl zur Fraktionsvorsitzenden durch. Ein Unfall, so hieß es anschließend aus der gespaltenen Hamburger Linken, sei das gewesen. Zu viele hatten ihr einen Denkzettel verpassen wollen, ohne sich miteinander abzusprechen. Heyenn trat aus der Linken aus und blieb als Fraktionslose im Parlament.
Die Lehrerin war Anfang der 70er Jahre in die schleswig-holsteinische SPD eingetreten, damals ein linker Landesverband unter Führung des legendären Jochen Steffen. Anfang der 90er Jahre saß sie einmal kurzfristig im Kieler Landtag. 1999 trat sie aus Protest gegen die Politik Gerhard Schröders aus, 2005 war sie Mitbegründerin der Wahlalternative Arbeit & soziale Gerechtigkeit (WASG), die später in der Linkspartei aufging.
In der Linken hatte sie sich beim Krawall-Parteitag 2012, als der linke und rechte Flügel heftig aufeinanderprallten, sogar um den Parteivorsitz beworben – und unterlag mit rund 29 Prozent gegen Katja Kipping.
„Die Agenda 2010 ist der Sündenfall der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik. Für uns ist Hartz IV Armut per Gesetz. Ich habe den Bürgermeister schon zweimal öffentlich aufgefordert, sich dafür zu entschuldigen“, sagte Heyenn in einem Welt-Interview vor der letzten Bürgerschaftswahl. Der Bürgermeister, also Olaf Scholz, war Generalsekretär der SPD, als die Agenda 2010 beschlossen wurde.
Gestern hörte sich Heyenn anders an: „Die größte Herausforderung heutzutage ist es, für den Zusammenhalt der Gesellschaft zu sorgen. Darum haben die Sozialdemokraten in Hamburg sich intensiv gekümmert“, sagte sie. Sie widmete auch Olaf Scholz einen Kranz: Vor Politikern, die „Rückgrat zeigen“, habe sie „immer großen Respekt gehabt“. Martin Reeh
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