: Mit Netzwerken und Drohungen
MACHTERHALT In Kambodscha regiert der autoritäre Ministerpräsident Hun Sen seit 32 Jahren
Von Phan Soumy
24 Jahre nachdem die Vereinten Nationen Kambodschas erste demokratische Wahl durchgeführt haben, ist das Land immer noch weit davon entfernt, die von manchen erhoffte Demokratie zu sein. Das zumindest behaupten einige Journalisten. Die Regierung widerspricht dem.
Die Demokratie blühte unter der autoritären Herrschaft von Ministerpräsident Hun Sen nicht auf, sagt der US-Journalist Sebastian Strangio, Autor des Buchs „Hun Sens Kambodscha“. „25 Jahre nach Ankunft der UN-Übergangsbehörde in Kambodscha (Untac) steht Hun Sen einer demokratischen Hülle vor, die einem Khmer-Patronagesystems im alten Stil als Vehikel dient“, schreibt Strangio.
Kambodschas regierende Volkspartei (CPP) würde ihre Regierung hingegen gern als demokratisch bezeichnen, um die Unterstützung westlicher Staaten zu bekommen, so Strangio. Dabei regiere die Partei mittels der persönlichen Netzwerke Hun Sens, was demokratischen Prinzipien widerspreche, sagt er. „Es wäre vielleicht immer ein sehr langer Weg gewesen, bis komplexe demokratische Prozesse in Kambodscha Wurzeln schlagen – einem Land, das so viel Unheil erlebt hat, ganz abgesehen von der tief verwurzelten Tradition der sozialen Hierarchie und der um Leben und Tod ringenden politischen Kultur.“
Laut Soy Eysan, Sprecher der seit mehr als drei Jahrzehnten regierenden CPP, hat die Demokratie in Kambodscha seit der Unterzeichnung des Pariser Friedensabkommens im Oktober 1991 große Fortschritte gemacht. „Seit mehr als 20 Jahren hat sich die Demokratie gut entwickelt, obwohl es instabile und komplizierte Situationen gab. Aber es läuft doch gut,“ sagt er.
Einer der größten Schläge der CPP für die Demokratie ist ihr Umgang mit den Medien, meint der US-Journalist Colin Meyn. Er hat viel Erfahrung in Kambodscha gesammelt. „Soziale Medien, englischsprachige Zeitungen und mit ausländischem Geld geförderte Radioprogramme haben versucht, der Regierung auf die Finger zu schauen. Aber sie kontrolliert weiter die Fernsehnachrichten, die ihr Propagandavehikel sind, sagt Meyn. „Die CPP sieht die Medien nicht als wichtigen Bestandteil einer funktionierenden Demokratie an, sondern als Instrument der eigenen Machtsicherung oder als Feind, den es zu bekämpfen gilt.“
Sebastian Strangio, US-Journalist
Regierungssprecher Eysan widerspricht. Seiner Meinung nach genießen Kambodschaner mehr Rechte als Bürger anderer Länder Südostasiens. „Sie können sich frei äußern und frei darüber schreiben, solange sie damit nicht die Rechte anderer verletzen,“ sagt er.
Moeun Chhean Nariddh, Direktor des Kambodschanischen Instituts für Medienstudien, sagt, in Kambodscha würden die meisten Medien einschließlich Zeitungen und Fernsehen vom Staat kontrolliert. Ihre Besitzer hätten enge Beziehungen zur Regierung.
Im Vorfeld der Kommunalwahlen vom 4. Juni wurde der CPP vorgeworfen, die Opposition und andere Gruppen bedroht zu haben. Der CPP werde oft fälschlich vorgeworfen, eine kommunistische Partei zu sein, klagt Sprecher Eysan: „Die Köpfe derjenigen, die das behaupten, sind noch voll mit der Ideologie des Kalten Krieges.“ Doch vor den Wahlen bestritt Hun Sen vehement, seine Partei könne die Kontrolle über das Land verlieren. Er drohte gar, „100 bis 200 Personen“ zu eliminieren, um den Sieg der CPP sicherzustellen. Dafür wurde er scharf kritisiert. Sprecher Eysan verteidigt Hun Sen. Der Premier und die CPP müssten den Rechtsstaat verteidigen.
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