DeutschlandMerkel will beim Klimaschutz „entschlossener denn je“ agieren. Praktische Konsequenzen hat das nicht: Wettlauf um die schärfste Trump-Kritik
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz
Berlin taz | So einig war sich die deutsche Politik in Sachen Klimaschutz lange nicht. Abgesehen von einigen AfD-Politikern, die Donald Trump zum Ausstieg aus dem Weltklimavertrag beglückwünschten, dominierten in Berlin Entsetzen, Kritik – und die Entschlossenheit, beim Klimaschutz nicht nachzulassen.
Doch bei aller Übereinstimmung in der Sache – auf ein gemeinsames Vorgehen konnte sich nicht einmal die Regierungskoalition einigen. Stattdessen wetteiferten Union und SPD im Vorfeld der Wahl auf vielen Wegen darum, die Empörung über den US-Präsidenten politisch zu nutzen.
Den Wettlauf um die schnellste Reaktion gewann mit SPD-Chef Martin Schulz ein Politiker, der zu Umweltthemen bisher nur wenig gesagt hat. „Sie können aus einem Klimaabkommen aussteigen, aber nicht aus dem Klimawandel, Mr. Trump“, twitterte er, unmittelbar nachdem der US-Präsident am Donnerstagabend seine Rede begonnen hatte. Kurz danach meldeten sich in einem bisher einmaligen Vorgang die sechs sozialdemokratischen MinisterInnen des Bundeskabinetts mit einer gemeinsamen Erklärung zu Wort – die Union wurde dafür gar nicht erst gefragt.
Die Kanzlerin hatte dafür andere Verbündete: Noch am Donnerstagabend verbreitete Regierungssprecher Steffen Seibert eine gemeinsame Erklärung von Angela Merkel, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni. Am nächsten Morgen trat Merkel dann persönlich vor die Presse und erklärte – sichtlich verärgert – im grünen Blazer, Trumps Entscheidung sei „äußerst bedauerlich, und damit drücke ich mich noch sehr zurückhaltend aus“. Deutschland und der Rest der Welt müssten beim Klimaschutz nun „entschlossener denn je“ agieren, sagte Merkel.
Genau das wollen auch die Grünen, die am Freitagmorgen eine Kundgebung vor der US-Botschaft abhielten. Sie forderten die Bundesregierung auf, den Worten Taten folgen zu lassen und sofort mit dem Ausstieg aus der Kohlenutzung zu beginnen. Doch damit ist nicht zu rechnen. „Das hat keinen unmittelbaren Zusammenhang“, sagte SPD-Bundesumweltministerin Barbara Hendricks am Freitag zur Frage eines schnelleren Kohleausstiegs.
Auch andere Konsequenzen wird die Regierung nicht ziehen. So hatte SPD-Chef Martin Schulz Sanktionen ins Spiel gebracht, weil sich die USA durch den Ausstieg einen „Wettbewerbsvorteil“ verschaffen würden. „Das gehört nicht zur Politik der Bundesregierung“, sagte Seibert. Das SPD-geführte Wirtschaftsministerium kommentierte den Vorschlag nicht.
Für die Linke forderte die klimapolitische Sprecherin Eva Bullig-Schröter, die Regierung solle „die Zusammenarbeit mit den egoistischen Klimawandelleugnern aus den USA darum einer ernsthaften Prüfung unterziehen“. Auch das lehnte Seibert ab. Die Idee, Trump etwa vom G-20-Gipfel auszuladen halte er für „völlig absurd“, sagte er. Malte Kreutzfeldt
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