Die Wochenvorschau für Berlin: Nichtstun im Verkehr und in der Poesie
Die U1 wird saniert, im Fall des Angriffs junger Flüchtlinge auf einen Obdachlosen gibt es wohl ein Urteil und ganz viele Lyriker kommen nach Berlin.
Nichts zu machen ist gar nicht so leicht. Judith Holofernes, ehemalige Frontfrau von „Wir sind Helden“ und jetzt Solokünstlerin, trägt sich inzwischen im Terminkalender feste Zeiten ein fürs Aus-dem-Fenster-Gucken oder Spazierengehen. „Für mich ist das Nichtstun tatsächlich eine ganz wichtige Seelenpflege“, sagte sie in einem Interview vom Wochenende.
Rumstehen und auf den Bus warten ist bestimmt auch sinnvoll: Das sollten sich die Fahrgäste der U1 die nächsten sieben Wochen vor Augen halten. So lange dauert es voraussichtlich, bis die Gleise auf dem 115 Jahre alten Viadukt der U-Bahn zwischen Warschauer Straße und Schlesischem Tor ausgetauscht sind. Der Ersatzverkehr pendelt laut BVG im Achtminutentakt. Auf dem Rest der Strecke fährt die U1 wie gehabt.
Hätten sie mal lieber nichts getan: Seit Mai müssen sich sechs junge Flüchtlinge vor dem Landgericht wegen Mordes verantworten, weil sie einen schlafenden Obdachlosen im U-Bahnhof Schönleinstraße angezündet haben sollen. Am Dienstag wird das Urteil erwartet. Das dürfte für reichlich Medienaufmerksamkeit sorgen. Um Gewalt im öffentlichen Nahverkehr geht es auch zwei Tage später: Am Donnerstag beginnt der Prozess gegen den Mann, der eine Passantin im U-Bahnhof Hermannstraße die Treppe hinuntergestoßen haben soll und deshalb als U-Bahn-Treter bekannt wurde.
Ohne Müßiggang keine Poesie? Darüber ließe sich ab Freitag streiten, wenn Lyrikerinnen und Lyriker zum Poesiefestival nach Berlin kommen und eine Woche lang zeitgenössische Dichtung präsentieren. Judith Holofernes sagt, Nichtstun sei durchaus wichtig für ihren Beruf. Das Thema beschäftigt die Sängerin, schon vor ein paar Jahren textete sie: „Ich mach heut nichts / was etwas nutzt / wobei man schwitzt oder lang sitzt“. Klingt verlockend, gerade im Sommer.
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