: „Habeck passt zu unserer Denkweise“
Katja Suding Hamburgs FDP-Chefin sieht die Grünen skeptisch, hält Jamaika aber für möglich
41, ist Partei- und Fraktionsvorsitzende der FDP in Hamburg und deren Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl. Sie und Wolfgang Kubicki sind stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP.
taz: Frau Suding, was missfällt Ihnen eigentlich so sehr an den Grünen?
Katja Suding: Die kommen den Bürgern zu häufig mit dem moralischen Zeigefinger. Zu viele Grüne glauben, alles besser zu wissen, und das wollen sie dann auch als allein seligmachendes Rezept allen anderen aufpfropfen.
Sind die Grünen für Sie immer noch eine Verbotspartei?
Ja, dazu neigen sie, denken Sie nur an die neueste Diesel-Fahrverbotsdiskussion. Sie haben diese erzieherische Attitüde, die mir nicht gefällt.
Ist das für Sie das Gegenteil vom freien Denken der Liberalen?
Ja, es gibt eben keine endgültigen Wahrheiten. Ich würde mir von den Grünen da schon mehr Respekt gegenüber anderen Entwürfen, anderen Denkweisen wünschen.
Gibt es auch politische Übereinstimmungen zwischen Grünen und Gelben?
Ja, durchaus, vor allem in der Innen- und Justizpolitik: Menschenrechte, Bürgerrechte, Datenschutz. Auch im Bereich gesellschaftlicher Entwicklungen sind wir den Grünen meist näher als der CDU: Familienpolitik, gleichgeschlechtliche Partnerschaften, eine bunte und tolerante Gesellschaft – da gibt es viele Gemeinsamkeiten.
Das sind nicht zufällig genau diese Bereiche, in denen es zwischen CDU und FDP mächtig hakt?
Manchmal. Für mehr Sicherheit sorgt man nicht durch mehr und schärfere Gesetze. Sondern dadurch, dass Gesetze konsequent angewendet werden und genügend Polizisten im Einsatz sind. So funktioniert ein starker Rechtsstaat.
Können Sie sich vorstellen, dass eine Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein tragfähig sein kann?
Ja, durchaus. Es kommt ja auch nicht zuletzt darauf an, wie die handelnden Personen miteinander umgehen und klarkommen. Wenn jeder bereit zu Kompromissen ist, lassen sich viele Gräben überbrücken. Und in Schleswig-Holstein habe ich den Eindruck, dass das funktionieren könnte.
Es geht doch nicht um Personen, sondern um Inhalte – dachten wir bisher.
Natürlich. Aber es gehört beides zusammen. Wenn die Partner sich gegenseitig nichts gönnen, wird das nichts. Das haben ja gerade die Schleswig-Holsteiner in der Großen Koalition von CDU und SPD mit Peter Harry Carstensen und Ralf Stegner erlebt – ein ewiger Kleinkrieg zu Lasten des Landes. Es muss eine Vertrauensbasis geben – sonst wird es schwer für jede Koalition.
Sie glauben, dass die Herren Günther, Habeck und Kubicki sich auf eine gemeinsame Sicht auf Gesellschaft und Welt verständigen können?
Herrn Habeck habe ich als jemanden kennengelernt, der anders als manche seiner Parteifreunde zwischen Ökologie und Ökonomie keinen Widerspruch sieht, sondern ganz im Gegenteil weiß, dass beides zusammengehört. Das passt gut zu unserer Denkweise. Und deshalb glaube ich, dass gerade die beiden kleineren Partner, FDP und Grüne, eine tragfähige Basis definieren können, der auch die CDU zustimmen kann.
Die beiden Kleinen entscheiden also, wer unter ihnen Ministerpräsident werden darf?
Hatten wir so noch nicht, oder? Wäre doch mal was Neues.
Und ein Modell für den Bundestag nach der Wahl im September?
Das ist nicht auszuschließen.
Interview Sven-Michael Veit
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