piwik no script img

Staatssekretärin tritt zurückNiedersächsische Mauscheleien

Das Wirtschaftsministerium hat unsaubere Absprachen mit Unternehmen für öffentliche Aufträge getroffen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Ihre Karriere hat sie gegen den Baum gefahren: Daniela Behrens Foto: dpa

HANNOVER taz | Was anfangs wie ein einmaliger Fehler aussah, entwickelt sich in Niedersachsen gerade zur ausgewachsenen Affäre. Ausgerechnet das Wirtschaftsministerium, das im Land für die Prüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge zuständig ist, muss immer mehr Mauscheleien bei Ausschreibungen einräumen. Als Konsequenz hat der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) jetzt seine Staatssekretärin auf deren Wunsch entlassen. Die Oppositionsparteien CDU und FDP wollen die Vergabefehler in einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufklären.

Schon vergangenen Freitag hatte Staatssekretärin Danie­la Behrens (SPD) zugegeben, sich in die Ausschreibung für die Umgestaltung der Webseite www.nds.de eingemischt und damit „Wettbewerbsbeschränkungen“ verursacht zu haben. Sie und Mitarbeiter des Ministeriums hatten mit der Agentur Neoskop, die den 180.000 Euro schweren Auftrag später bekam, schon vor der öffentlichen Ausschreibung Gespräche geführt. Neoskop hatte sogar eine Präsentation mit Ideen vorgestellt, die später auf Wunsch der Staatssekretärin zur „Leitlinie“ für die Ausschreibung wurde. Andere Bewerber hatten also von vornherein schlechtere Chancen.

Nun kam heraus, dass das niedersächsische Wirtschaftsministerium in einem weiteren Fall unerlaubte Absprachen getroffen hat. Auch bei einer Veranstaltungsreihe zur Elektromobilität, der sogenannten 7-Städte-Tour, wurde ein Bewerber bevorzugt. Dabei ging es um eine Medienpartnerschaft und Moderation. Das kostengünstigste Angebot sollte den Zuschlag erhalten. Drei Radiosender reichten Angebote ein, einer davon wollte die Moderation umsonst machen. Trotzdem bekam der Sender FFN den Zuschlag, mit dem es vorher Gespräche gegeben hatte und der rund 14.500 Euro verlangte.

Knapp zwei Monate vor der eigentlichen Ausschreibung schrieb der mit der Aufgabe betraute Pressesprecher des Ministeriums in einer Mail an den Projektmanager: „Ich habe das o.k. von der Hausspitze für die weiteren Verhandlungen mit ffn. Was hast du für Vorschläge, was wir von ffn wollen sollten?“

Keine persönlichen Vorteile

Lies betonte im Landtag, dass er nie die Zustimmung zu dieser unsauberen Absprache gegeben hatte. Bleibt von der Hausspitze nur noch seine Staatssekretärin – und die könne nicht ausschließen, die Sache abgesegnet zu haben, sagt Lies. Behrens habe jedoch „keinerlei persönliche Vorteile aus den Vergabeergebnissen gezogen.“

Die Opposition will einen Unter­suchungsausschuss einrichten

Trotzdem ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Hannover gegen Behrens und den Pressesprecher des Ministeriums wegen des Anfangsverdachts auf wettbewerbsbeschränkende Absprachen. Zudem prüft der Landesrechnungshof die Verfahren.

Es ist der zweite Skandal der rot-grünen Regierung in Niedersachsen um einen Ministeriumsleiter. 2013 feuerte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) den Staatssekretär Udo Paschedag (Grüne), weil der sich einen Dienstwagen leistete, der ihm in seiner Position nicht zustand.

Wenige Monate vor der Wahl am 14. Januar 2018 kommt die Affäre für Weil ungelegen. Der frühere Innenminister Uwe Schünemann (CDU) forderte sogleich personelle Konsequenzen. Minister Lies sei „nicht zu halten“. Es sei fragwürdig, dass er nicht mitbekommen habe, was in seinem Ministerbüro abgelaufen sei.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Ich finde es traurig, dass die Taz es nicht schafft, sich antisemitischer Begriffe wie "Mauschelei" zu enthalten. Ist die Taz wirklich nicht in der Lage, rassismusfreie Begriffe in ihren Überschriften zu benutzen?